Überwachung von digitalen Hochschulprüfungen
Hintergrund
Der digitale Wandel hat auch die Hochschulen erreicht. Nicht nur Vorlesungen finden digital statt, auch Prüfungen werden digital abgenommen und die Studierenden nehmen dies gerne an. Die Hochschulen haben sich dazu Lösungen für die Überwachung der Prüflinge während der Prüfung überlegt. Diese standen nun in zwei Entscheidungen auf dem Prüfstand.
Privatsphäre versus Täuschungsvorbeugung
Die Hochschulen stehen vor zwei Problemen: Einerseits sollen Prüfungen (auch) digital stattfinden, andererseits muss sichergestellt sein, dass keine Täuschungen durch die Prüflinge vorkommen. Es ist zu gewährleisten, dass alle Prüflinge dieselbe Ausgangslage haben.
Gerichtliche Entscheidungen
In zwei Entscheidungen haben Verwaltungsgerichte jetzt entschieden, dass es zulässig ist, die Prüflinge während der Prüfung per Mikrofon und Video umfassend zu überwachen (sogenanntes Proctoring). Auch die Aufzeichnung und zeitweilige Speicherung der Prüfung sind zulässig.
Die Kläger hatten jeweils vorgebracht, dass durch die Überwachung ihre Privatsphäre, z.B. durch Einblicke in ihre Wohnung, verletzt würde. Zudem würde durch eine Aufzeichnung ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt. Die Gerichte entschieden jedoch für die Möglichkeit der digitalen Überwachung und Aufzeichnung. Begründet wurde dies damit, dass die Kläger auch die Möglichkeit hatten, eine Präsenzprüfung zu wählen und damit freiwillig ihre Entscheidung für eine digitale Prüfung getroffen hatten. Zudem besteht für die Prüflinge auch die Möglichkeit, einen Bildschirmhintergrund zu installieren, der keine Einblicke in die Wohnung zulässt. Ein Eindringen in die Wohnung und Privatsphäre liege damit nicht vor. Die Richter führten auch an, dass eine Prüfung ohne Aufsicht unter dem Gesichtspunkt der Gleichheit nicht gestattet sei und die Hochschulen hoheitliche Aufgaben wahrnehmen müssten. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei auch bei einer Speicherung gewahrt.
Wie sieht die Zukunft aus?
Die Überwachung von digital abgenommenen Prüfungen mittels Videos und/oder Aufzeichnung der Prüfung sowie die Speicherung werden von den Gerichten als zulässig erachtet. In weiteren Urteilen ist zu beobachten, welche Voraussetzungen die Hochschulen jeweils noch zu erfüllen haben, um ihren Aufsichtspflichten nachzukommen und zeitgleich die Privatsphäre zu schützen. Kritiker sehen in dieser Entwicklung die Gefahr, dass sich damit auch der digitalen Überwachung von Präsenzprüfungen Tür und Tor öffnen. Die Grenzen sind durch die Gerichte zu ziehen.
In der Beratungspraxis wird auch jenseits der Hochschulprüfungen häufig thematisiert, ob Zoom-Meetings oder andere Videokonferenzen aufgezeichnet werden dürfen. Dies ist grundsätzlich nur mit der Einwilligung aller Betroffenen möglich. Ein berechtigtes Interesse liegt hier regelmäßig – anders als bei den eingangs erläuterten Prüfungen – nicht vor.