Zwangsbetriebsaufgabe eines landwirtschaftlichen Betriebs

Kernaussage

Das FG nimmt Stellung zu den Voraussetzungen für die Inanspruchnahme eines Verpächterwahlrechts bei einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb.

Sachverhalt

Die Steuerpflichtige war eine Erbengemeinschaft bestehend aus drei Kindern. Die Erben haben mit dem Tod ihrer Mutter im Februar 2010 im Wege der Gesamtrechtsnachfolge verpachtete landwirtschaftliche Flächen erhalten. Diese Flächen wurden nachdem der Ehemann der Erblasserin im Jahr 1973 verstorben war, verpachtet. Im Jahr 1974 wurde die Hofstelle mit Übergang Besitz, Nutzen und Lasten im März 1975 veräußert. Spätestens seit 1976 wurden die Einkünfte bei der Erblasserin als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung behandelt.

In der gesonderten und einheitlichen Feststellungserklärung für das Jahr 2010 erklärte die Steuerpflichtige Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Das Finanzamt qualifizierte die Einkünfte als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft um und ermittelte aufgrund zeitlicher Zuordnung bei der Gewinnermittlung einen abweichenden Gewinn. Gegen den gesonderten und einheitlichen Feststellungsbescheid für das Jahr 2010 legte die Steuerpflichtige erfolglos Einspruch ein. Daraufhin erhob die Steuerpflichtige Klage. Nach Auffassung der Steuerpflichtigen sei die Landwirtschaft bereits 1974 mit dem Verkauf der Hofflächen aufgegeben worden. Die verpachteten Grundstücke würden daher privates Grundvermögen darstellen. Die Steuerpflichtige geht davon aus, dass eine Zwangsbetriebsaufgabe erfolgte, als die Hofstelle verkauft wurde.

Entscheidung

Das FG hat entschieden, dass die Klage begründet ist. Die Steuerpflichtige erzielte im Streitjahr Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und keine Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Der land- und forstwirtschaftliche Betrieb wurde mit Verkauf der Hofstelle im Wirtschaftsjahr 1974/1975 nach Auffassung des FG aufgegeben.

Dem FG zufolge erfolgt die Ausübung des Verpächterwahlrechts durch eine ausdrückliche Erklärung gegenüber dem Finanzamt. Das Verpächterwahlrecht resultiert aus dem Umstand, dass die Rechtsprechung in der Verpachtung eines vollständigen Betriebes eine Betriebsunterbrechung im weiteren Sinne sieht. Es setzt die Absicht des Steuerpflichtigen voraus, die unterbrochene Tätigkeit nach Pachtende wiederaufzunehmen. Zudem muss die Verwirklichung dieser Absicht wahrscheinlich sein. Deshalb muss der eingestellte und der wiedereröffnete Betrieb wirtschaftlich als identisch anzusehen sein. Sofern die wesentlichen Grundlagen des Betriebes derart verändert werden, dass sie nicht mehr in der bisherigen Form genutzt werden können, liegt jedoch keine Identitätsgleichheit vor.

Das Verpächterwahlrecht setzt zudem voraus, dass die wesentlichen Grundlagen des Betriebs verpachtet werden, oder sonst für eine mögliche Betriebsfortführung zur Verfügung stehen. Geschieht dies nicht, weil ein Teil der wesentlichen Grundlagen des Betriebsvermögens veräußert oder verschenkt wird, so liegt eine Betriebsaufgabe vor. Rechtsfolge ist, dass die verpachteten Wirtschaftsgüter ins Privatvermögen überführt werden.

In den Jahren, in denen im Streitfall die landwirtschaftlichen Flächen verpachtet und die Hofstelle veräußert wurde (1973-1975), stellten die Nutzflächen und die Wirtschaftsgebäude einschließlich der Hofstelle nach der Rechtsprechung des BFH grundsätzlich wesentliche Betriebsgrundlagen einer eigenbewirtschafteten Landwirtschaft dar. Auch die Finanzverwaltung ging davon aus, dass die Hofstelle bei derartigen Betrieben erhalten bleiben musste, um das Verpächterwahlrecht ausüben zu können.

Da der Betrieb der Erblasserin von der eigenen Hofstelle aus betrieben wurde, hat die Erblasserin im Streitfall mit dem Verkauf der Hofstelle somit eine wesentliche Grundlage ihres Betriebs veräußert. Sie konnte nach Auffassung des FG somit ihren Betrieb nicht mehr identitätswahrend fortführen. Es bestand dem FG zufolge lediglich die Möglichkeit einen anderen Betrieb wiederaufzunehmen. Das Verpächterwahlrecht stand der Steuerpflichtigen daher nicht zu.

Der Betrieb der Erblasserin wurde daher dem FG zufolge spätestens im Jahr 1975 mit dem Übergang von Nutzen und Lasten an der Hofstelle aufgegeben. Einer Betriebsaufgabeerklärung bedurfte es bei einer solchen (Zwangs-)Betriebsaufgabe nicht.

Hinweis

Nach erfolgreicher Nichtzulassungsbeschwerde ist zwischenzeitlich die Revision unter den Aktenzeichen IV R 17/19 beim BFH anhängig.

Es bleibt abzuwarten, wie sich der BFH zu dieser früher vertretenen Rechtsauffassung stellt.

Mittlerweile ist es ständige Rechtsprechung des BFH, dass sowohl die Betriebsverpachtung im Ganzen als auch die parzellenweise Verpachtung eine Betriebsfortführung in anderer Form darstellen. Wie bei einem aktiven Betrieb, ist daher die wesentliche Verkleinerung eines Betriebs oder auch der Verkauf der Hofstelle für den Fortbestand des Betriebs unbeachtlich, solange immer noch 3.000 qm Fläche erhalten bleiben. Die Frage, die hier zu beurteilen ist, geht dahin, ob der Verkauf der Hofstelle im zeitlichen Zusammenhang mit dem Übergang zur Verpachtung schädlich für die Anwendung des Verpächterwahlrechts ist.

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