Regierungsentwurf des Jahressteuergesetzes (JStG) 2024
Die wichtigsten Neuerungen im Überblick
Die vorgeschlagenen Neuerungen dienen insbesondere der Umsetzung von Änderungen des EU-Rechts sowie der Umsetzung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) und des Bundesfinanzhofs. Folgende Regelungen sind besonders hervorzuheben:
Einkommensteuer (ESt)
- Einkommensteuerbefreiung für weitere kleine Photovoltaikanlagen, § 3 Nr. 72 Satz 1 EStG
Die für die Anwendung der Steuerbefreiung zulässige Bruttoleistung soll von 15 kW (peak) auf 30 kW (peak) je Wohn- oder Gewerbeeinheit erhöht werden, sodass noch mehr kleine Photovoltaikanlagen von der Einkommensteuerbefreiung erfasst werden. - Buchwertübertragung von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften, § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 4 EStG
Als Reaktion auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach der Ausschluss von Übertragungen von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften zu Buchwerten verfassungswidrig ist, soll § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG um eine Nummer 4 erweitert werden. Der neu geschaffene Anwendungsfall erfasst die unentgeltliche Übertragung zwischen beteiligungsidentischen Mitunternehmerschaften, nicht aber die Übertragung gegen Gewährung bzw. Minderung von Gesellschaftsrechten. - Konzernklausel bei der aufgeschobenen Besteuerung der geldwerten Vorteile aus Vermögensbeteiligungen, § 19a Abs. 1 Satz 2 EStG
Mit der Erweiterung des Anwendungsbereichs des § 19a EStG auf Konzernunternehmen sollen künftig auch dann geldwerte Vorteile aufgeschoben besteuert werden können, wenn Anteile an verbundenen Unternehmen des Arbeitgebers überlassen werden. - Pauschalbesteuerung von Mobilitätsbudgets, § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 8 EStG
Mit der Neuschaffung der Nummer 8 soll die Möglichkeit geschaffen werden, die Lohnsteuer auf Leistungen des Arbeitgebers (oder eines Dritten) für die gelegentliche Nutzung von außerdienstlichen Mobilitätsleistungen, die zusätzlich zum Arbeitslohn erbracht werden, bis zu einem Höchstbetrag von 2.400 € p.a. pauschal mit 25 % zu erheben (z.B. E-Scooter, Carsharing, Bikesharing). Das Mobilitätsbudget ist unabhängig vom Verkehrsmittel, ausgenommen sind jedoch u.a. private Kfz und den Arbeitnehmer:innen dauerhaft überlassene Kfz, einschließlich betrieblicher Kfz im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG.
Umwandlungssteuer (UmwSt)
- Besteuerung der Anteilseigner der übertragenden Körperschaft, § 13 Abs. 2 Satz 1 UmwStG
Die Änderung des § 13 soll die Umkehr des Regel-Ausnahme-Verhältnisses zwischen Teilwertansatz und Buchwertansatz insofern bewirken, dass der Buchwertansatz der neue Regelfall wird. Künftig muss der Teilwertansatz und nicht wie bisher der Buchwertansatz beantragt werden.
Erbschaft- und Schenkungsteuer (ErbSt)
- Anteilige Abzugsfähigkeit von Nachlassverbindlichkeiten, § 10 Abs. 6a und 6b ErbStG
Die Einfügung der Absätze 6a und 6b dient der Umsetzung der Rechtsprechung des EuGH, wonach die umfassende Nichtabzugsfähigkeit von Pflichtteilsverbindlichkeiten bei beschränkter Steuerpflicht gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstößt. Sie statuieren nun die anteilige Abzugsfähigkeit von Nachlassverbindlichkeiten in Fällen der beschränkten Steuerpflicht. - Befreiungsabschlag für Grundstücke in Drittstaaten, § 13d Abs. 3 Nr. 2 ErbStG
Zur Umsetzung der Rechtsprechung des EuGH soll der Befreiungsabschlag künftig nicht nur bei Grundstücken im Inland oder in einem EU-Staat, sondern auch in Drittstaaten gewährt werden. - Ausweitung der Anwendung der Stundungsregelung, § 28 Abs. 3 ErbStG
Die Stundungsregelung des § 28 soll künftig auf alle Fälle anwendbar sein, in denen Grundbesitz zu Wohnzwecken genutzt wird, und damit insbesondere auch bei Fällen, in denen das vom Erblasser oder Schenker genutzte Grundstück nach dem Erbfall oder der Schenkung zu Wohnzwecken vermietet wird. Ferner ist die Anwendung der Stundungsregelung auf in Drittstaaten belegene Wohnimmobilien anwendbar, wenn die Amts- und Beitreibungshilfe im Belegenheitsstaat gewährleistet ist.
Grunderwerbsteuer (GrESt)
- Grunderwerbsteuerliche Zurechnung von Grundstücken, § 1 Abs. 4a GrEStG
Mit Abs. 4a wird die Auslegung durch Verwaltung und Rechtsprechung zur Zurechnung erstmals gesetzlich definiert. Danach ist einer Gesellschaft ein Grundstück nur dann zuzurechnen, wenn sie es aufgrund eines Vorgangs nach § 1 Abs. 1 GrEStG erworben hat. Hiermit sollen Doppelzurechnungen künftig vermieden werden.
Abgabenordnung
- Erweiterung der gemeinnützigen Zwecke
Die Förderung wohngemeinnütziger Zwecke soll in den Katalog der gemeinnützigen Zwecke aufgenommen werden. Erfasst wird die vergünstigte Wohnraumüberlassung an Personen, deren Bezüge gewisse Schwellenwerte nicht überschreiten dürfen. Auch muss die Miete dauerhaft unter der marktüblichen Miete angesetzt werden.
Sonstiges
- Beantragung von Kindergeld
Zukünftig soll die elektronische Antragstellung zur Beantragung von Kindergeld der Regelfall werden. Eine Antragstellung in Papierform soll allerdings weiterhin zulässig sein.
Bei den vorstehenden Ausführungen handelt es sich nicht um eine abschließende Auflistung der Änderungen, sondern lediglich um die Darstellung der besonders relevanten Highlights des Jahressteuergesetzes 2024.
Hinsichtlich der umsatzsteuerlichen Änderungen verweisen wir auf den gesonderten Blogbeitrag.
Update: Referentenentwurf zum Zweiten Jahressteuergesetz 2024
Kürzlich wurde außerdem der Referentenentwurf für ein Zweites Jahressteuergesetz 2024 veröffentlicht. Besonders hervorzuheben sind hier zwei vorgeschlagene Änderungen. Diese betreffen zum einen die Einkommensteuer, zum anderen die Abgabenordnung:
- Anpassung der Einkommensteuertarife zur Absenkung der „kalten Progression“
Zum Ausgleich der „kalten Progression“ sollen u.a. die geltenden Einkommensteuertarife für die Veranlagungszeiträume (VZ) 2025 und 2026 wie folgt angepasst werden:
Grundfreibetrag: Der Grundfreibetrag soll für den VZ 2025 12.084 €, für den VZ 2026 12.336 € betragen (VZ 2024: 11.604 €).
Kinderfreibetrag: Der Kinderfreibetrag soll für den VZ 2025 6.672 €, für den VZ 2026 6.828 € betragen (VZ 2024 6.612 €).
- Anzeigepflicht für innerstaatliche Steuergestaltungen
Nachdem eine Anzeigepflicht für innerstaatliche Steuergestaltungen keinen Eingang in das Wachstumschancengesetz gefunden hat, ist eine solche nun im Referentenentwurf zum Zweiten Jahressteuergesetz vorgesehen. Ob sich das Vorhaben auf diesem Wege durchsetzen lässt, bleibt abzuwarten.