Onlineberatung über Portale
Fall: Wer ist der Leistungsempfänger?
Der als Rechtsanwalt tätige Kläger berät u.a. rechtlich über das Internetportal „JustAnswer“, das von einem Unternehmen mit Sitz in den USA betrieben wird. Die Nutzer des Portals bleiben anonym und können selbst entscheiden, ob und in welcher Höhe sie die Beratung vergüten. Entscheiden sie sich für eine Vergütung, so behält der Portalbetreiber hiervon 50 % als Provision ein und schreibt dem Berater 50 % gut.
Der Kläger erfasste die gutgeschriebenen Beträge als nicht im Inland steuerbare Umsätze, da er davon ausging, dass der Portalbetreiber mit Sitz in den USA Leistungsempfänger der Beratungsleistungen war. Die vom Portal einbehaltene Provision beachtete er nicht.
Das Finanzamt sah dagegen die Nutzer des Portals als Leistungsempfänger des Klägers an. Entsprechend unterlägen die Umsätze der Umsatzsteuer in Deutschland. Zur Bemessungsgrundlage zähle auch die vom Portal einbehaltene Provision. Zudem sei die Provision Entgelt für eine in Deutschland steuerbare Leistung des Portals an den Kläger, wofür er Steuerschuldner sei. Insgesamt ergab dies eine Nachzahlung in Höhe von ca. 66.000 €. Die hiergegen erhobene Klage begründete der Kläger vereinfacht u.a. damit, dass er anonymen Portalnutzern gegenüber keine Leistungen erbringen könne und es sich im Zweifel um den Fall einer Dienstleistungskommission handele.
Urteil des Finanzgerichts: Der Außenauftritt ist entscheidend
Nach Ansicht des Thüringer Finanzgerichts ist für die umsatzsteuerliche Bestimmung des Leistungsempfängers der Außenauftritt gegenüber den Nutzern des Portals entscheidend. Letzteren sei klar gewesen, dass die rechtliche Beratung allein vom Experten geschuldet werde. Das Portal habe daher im fremden Namen und auf fremde Rechnung abgerechnet, sodass auch keine Dienstleistungskommission vorliegt. Die Umsätze umfassen auch die einbehaltene Provision und sind in Deutschland steuerbar und steuerpflichtig, da aufgrund der Anonymität der Kunden von in Deutschland ansässigen Privatkunden auszugehen ist.
Folge
Der Fall betrifft zwar noch eine alte Rechtslage. Unabhängig hiervon sind die aufgeworfenen Probleme leider typisch für derartige Onlinedienste über Portale Dritter. Regelmäßig ist nicht geklärt, wer hier gegenüber wem eine Leistung erbringt. Eine Klärung vor Aufnahme der Tätigkeit erfolgt häufig nicht, da es gänzlich am nötigen Problembewusstsein fehlt.
Auch unterbleibt häufig die für die Besteuerung wichtige Feststellung und Dokumentation der Identität der Kunden (Sitz, Unternehmereigenschaft). Geht dies dann schief, ist es meistens zu spät. Soweit Verträge vorhanden sind, sind diese häufig nicht eindeutig, der Gang zum Finanzgericht ist vorprogrammiert. Selbst wenn die Kunden im Nachhinein noch erreichbar sein sollten, bleibt der Leistungserbringer regelmäßig auf der Umsatzsteuer sitzen. In diesem Fall besteht noch Hoffnung, da die Revision beim Bundesfinanzhof anhängig ist.
Lassen Sie sich daher vor Aufnahme einer solchen Tätigkeit beraten, zumal es neben der Umsatzsteuer auch andere wichtige Themen gibt. Unsere Experten helfen Ihnen gerne.