Kein Anspruch auf „Vaterschaftsurlaub“ – Landgericht Berlin weist Klage ab
Väter haben neben der Elternzeit keinen zusätzlichen Anspruch auf eine zweiwöchige bezahlte Freistellung („Vaterschaftsurlaub“) direkt nach der Geburt des Kindes. Auch aus der EU-Richtlinie 2019/1158 (Vereinbarkeitsrichtlinie) ergibt sich nichts anderes. Dies ist jedenfalls die Auffassung des Landgerichts Berlin.
Hintergrund des Urteils
Ein Vater nahm nach der Geburt seines Kindes zwei Wochen Erholungsurlaub und klagte anschließend auf Schadensersatz gegen die Bundesrepublik Deutschland. Er berief sich auf die genannte EU-Richtlinie, die einen zweiwöchigen bezahlten Vaterschaftsurlaub vorsieht, und argumentierte, Deutschland habe diese Vorgabe rechtswidrig nicht umgesetzt. Das Landgericht Berlin wies die Klage mit der Begründung ab, dass die deutschen Regelungen zur Elternzeit und zum Elterngeld den europäischen Vorgaben genügten.
Begründung des Gerichts
Das Gericht stellte fest, dass Deutschland die EU-Richtlinie bereits hinreichend umgesetzt habe. Die EU-Kommission hatte dies im Juni 2023 bestätigt und ein zuvor eingeleitetes Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingestellt. Eine Pflicht zur Einführung eines eigenständigen Vaterschaftsurlaubs bestand daher nicht, da die umfassenden nationalen Regelungen zur Elternzeit und zum Elterngeld ausreichend sind. Das Landgericht verwies daher auch in seiner Entscheidung auf die bestehenden Regelungen zur Elternzeit, die eine Zahlung von Elterngeld für „bis zu sieben Monate“ vorsehen. Zudem könnten Väter bereits unmittelbar nach der Geburt Elternzeit nehmen. Ein zusätzlicher „Vaterschaftsurlaub“ sei daher nicht erforderlich.
Folgen für die Praxis
Arbeitgeber sind weiterhin nicht verpflichtet, einen vergüteten Vaterschaftsurlaub zu gewähren. Väter oder andere zweite Elternteile können unmittelbar nach der Geburt Elternzeit nehmen, müssen diese aber spätestens sieben Wochen vor Beginn schriftlich beim Arbeitgeber anmelden. Eine Elternzeit von zwei Wochen ist möglich, allerdings erst ab einer Mindestdauer von zwei Monaten mit Elterngeldanspruch verbunden. Während der Elternzeit besteht keine Entgeltfortzahlungspflicht des Arbeitgebers. Stattdessen kann der Arbeitnehmer Elterngeld beantragen, das einen Teil des wegfallenden Einkommens ersetzt und vom Staat aus Steuermitteln gezahlt wird. Entgegen der verkürzten Darstellung in der gerichtlichen Pressemitteilung können beide Elternteile gemeinsam bis zu 14 Monate Elterngeld beziehen, sofern sie sich die Betreuung des Kindes aufteilen. Abhängig von der gewählten Aufteilung kann ein Elternteil – also auch der Vater – mehr als sieben Monate Elterngeld erhalten, wenn der andere Elternteil entsprechend weniger Monate beansprucht oder vollständig darauf verzichtet.
Arbeitgeber müssen auch nicht befürchten, von Arbeitnehmern nun auf Gewährung eines Vaterschaftsurlaubs verklagt zu werden. Die zugrunde liegende EU-Richtlinie entfaltet keine unmittelbare Wirkung im nationalen Recht und begründet daher keinen individuellen Anspruch gegen den Arbeitgeber. Deshalb richtete sich die Schadensersatzklage auch gegen die Bundesrepublik Deutschland und wurde vor dem Landgericht und nicht vor dem Arbeitsgericht verhandelt.
Bisher liegt lediglich die Pressemitteilung des Landgerichts Berlin vor. Der klagende Vater hat bereits angekündigt, in Berufung zu gehen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Pressemitteilung Landgericht Berlin II: Urteil vom 1.4.2025 – 26 O 133/24