Innergemeinschaftliche Lieferung: Kein Nachweis durch Kfz-Zulassung
Fall
Der Kläger betrieb einen Kfz-Handel. Im Jahr 2017 bestellte die Firma E ein online angebotenes Kfz. Die Firma E teilte dem Kläger eine gültige italienische Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IDNr.) mit. Das Kfz wurde dann von Herrn BD am Sitz des Klägers abgeholt. BD wies sich gegenüber dem Kläger mit einem italienischen Pass aus und legte eine von der Firma E ausgestellte Vollmacht vor. Der Kläger behandelte den Verkauf als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung. Im Jahr 2019 erfolgte eine Prüfung dieses Verkaufs durch die Umsatzsteuersonderprüfung. Ursächlich hierfür war ein Auskunftsersuchen der italienischen Finanzverwaltung, der aufgefallen war, dass die Firma E in Italien keinen zur innergemeinschaftlichen Lieferung des Klägers korrespondierenden innergemeinschaftlichen Erwerb erklärt hatte. Da der Kläger keine Gelangensbestätigung vorlegen konnte, versagte der Prüfer die Steuerbefreiung. Der Kläger versuchte daraufhin erfolglos, von der Firma E noch eine Gelangensbestätigung zu erhalten. Er konnte aber nachweisen, dass das Kfz in Italien zugelassen worden war, nicht jedoch von wem. Das Finanzamt akzeptierte dies nicht, woraufhin der Kläger vor das Finanzgericht ging. Seiner Ansicht nach ergibt sich aus der Vollmacht des Abholers, der Zulassung in Italien sowie der Rechnungsstellung, dass das Kfz objektiv nach Italien gelangt ist.
Entscheidung
Das Finanzgericht wiederholt zunächst die von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze. Demnach ist die Steuerbefreiung auch bei Mängeln der formellen Nachweispflichten zu gewähren, wenn objektiv feststeht, dass die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung vorliegen. Die Zulassung eines Kfz im Ausland reicht allein jedoch nicht hierfür aus, da nicht erkennbar ist, wer das Kfz zugelassen hat. Zwar erfolgte die Zulassung zeitnah zum Verkauf, es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass das Kfz zuvor von der Firma E in Deutschland verkauft wurde und an einen in Italien ansässigen Dritterwerber befördert wurde. Unabhängig hiervon scheitert die Steuerfreiheit auch, weil der Kläger in der Rechnung nicht auf die steuerfreie Lieferung hingewiesen hat. Auch steht ihm kein Vertrauensschutz zu, da er die ihm obliegenden Nachweispflichten nicht vollständig erfüllt hat.
Konsequenzen
Der Fall zeigt wieder einmal: Abholfälle im Export bergen Risiken, die nur durch akribische Befolgung der Nachweispflichten vermieden werden können, insbesondere dann, wenn der Kunde betrügt. Der Fall betrifft noch die Rechtslage vor der Neuregelung der Nachweispflichten zum 1.1.2020. Das Finanzgericht geht aber davon aus, dass das Urteil bei Geltung dieser Vorschriften nicht anders ausgefallen wäre. Hierzu ist anzumerken, dass die Neuregelung unseres Erachtens zwar flexibler hinsichtlich der geforderten Nachweise ist. Es ist jedoch fraglich, ob die bisherige Rechtsprechung überhaupt weiter Gültigkeit besitzt, wonach die Verletzung der formellen Nachweispflichten durch das objektive Feststehen der Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung „geheilt“ werden kann. Ein Grund mehr, die formellen Anforderungen zu beachten.