Geschäftsführungsbefugnis in der Kommanditgesellschaft: Wann sind Eingriffe zulässig?
Sachverhalt
Die Klägerin und die beiden Beklagten waren Gesellschafter einer GmbH & Co. KG. Die eine Beklagte, die Komplementär-GmbH, war die persönlich haftende Gesellschafterin der GmbH & Co. KG. Sie war nach dem Gesellschaftsvertrag zur alleinigen Vertretung und Geschäftsführung der GmbH & Co. KG berechtigt. Der Gesellschaftsvertrag bestimmte darüber hinaus, dass die Gesellschafterversammlung über die Entscheidung zur Änderung des Gesellschaftsvertrags zuständig sei und Beschlüsse, auch in bedeutsamen Angelegenheiten, mit einfacher Mehrheit gefasst wurden, soweit keine vorrangigen Regelungen bestanden. Im Jahr 2016 wurde in einer Gesellschaftsversammlung mit einfacher Mehrheit ein satzungsändernder Beschluss gefasst. Hiernach konnte „einem geschäftsführenden Gesellschafter durch Beschluss die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis ohne Angaben von Gründen mit einer Frist von zwei Monaten zum Ende des Quartals entzogen werden“. Weiter hieß es, dass „ein am Kapital beteiligter Komplementär die Umwandlung seiner Beteiligung in einen Kommanditanteil verlangen könne, wenn ihm die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis entzogen werde“. Die beklagte GmbH hielt den Beschluss für unwirksam. Die klagende Mitgesellschafterin war anderer Ansicht und beantragte die Feststellung der Wirksamkeit des Beschlusses. Der Bundesgerichtshof bestätigte die Auffassung der beklagten GmbH.
Entscheidung
Die Richter machten deutlich, dass die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis als „relativ unentziehbares“ Recht generell nicht durch Gesellschafterbeschluss entzogen werden kann. Eingriffe in solche Rechte seien nur dann zulässig, wenn dies im Interesse der Gesellschaft unerlässlich und für den betroffenen Gesellschafter zumutbar sei oder er dem Eingriff zugestimmt habe. Dies war hier nicht der Fall. Auch das Argument, im Falle eines Vertrauensverlustes eine zeitnahe Geschäftsführungsänderung herbeizuführen zu können, rechtfertigte den Eingriff in die bestehende Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis der beklagten Komplementär-GmbH nicht. Ferner beinhaltete der Gesellschaftsvertrag, der grundsätzlich den Entzug der Befugnisse auch ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes vorsehen kann, hier in seiner ursprünglichen Fassung gerade keine solche Bestimmung. Dies sollte erst nachträglich eingeführt werden. In dem Fall, dass eine „Rechte-entziehende“ Regelung erst später in einen Gesellschaftsvertrag aufgenommen werden soll, muss sie auch den damit verbundenen Eingriff rechtfertigen, was hier nicht der Fall war.
Konsequenz
Die Entscheidung zeigt, dass beabsichtigte Eingriffe in „relativ unentziehbare“ Rechte eines Gesellschafters, wie z.B. Geschäftsführungsbefugnis, Mitgliedschafts- oder Informationsrechte einer genauen Prüfung unterzogen werden sollten. Offengelassen hat der Bundesgerichtshof, ob jeder Eingriff einer besonderen Rechtfertigung bedarf oder ob allgemein geltende Grundsätze wie die Treuepflicht oder der Gleichbehandlungsgrundsatz einen betroffenen Gesellschafter bei etwa nur mittelbar wirkenden Eingriffen ausreichend schützen. Klar wird jedenfalls, dass nachträgliche Satzungsänderungen, die sich auf relativ unentziehbare Rechte beziehen, schwieriger durchsetzbar sind und sich an engeren Parametern messen lassen müssen, als Vertragsbestimmungen, die seit Gründung einer Gesellschaft bestehen.