Besteuerung des Handels mit Kryptowährungen ist verfassungsgemäß

Die Besteuerung von Kryptowährungen: Aktuelle Rechtslage

Die stetig zunehmende Bedeutung von Distributed-Ledger-Technologien (dezentrale und digital geführte Kontenbücher) und der auf diesen basierenden Kryptowährungen ist zwölf Jahre nach der Erfindung von Bitcoin nicht von der Hand zu weisen. Ein Blick auf die Gesamtmarktkapitalisierung von rund 2 Billionen US-Dollar und den Bestand von mittlerweile über 15.000 Kryptowährungen unterstreicht die Bedeutung der Assetklasse Kryptowährung. Dessen ungeachtet ist die Rechtslage um die Besteuerung von Kryptowährungen, insbesondere im Privatvermögen, noch weitestgehend ungeklärt. Die Besteuerung des Handels von Kryptowährungen und anderen Kryptosachverhalten basiert bislang auf vereinzelten Aussagen lokaler Finanzbehörden sowie der herrschenden Meinung im steuerrechtlichen Schrifttum. Eine bundesweit bindende Auffassung der Finanzverwaltung in Form eines BMF-Schreibens liegt seit Mitte des Jahres zumindest im Entwurf vor, wurde bislang jedoch noch nicht final veröffentlicht.

Vor Kurzem wurde nun erstmals ein finanzgerichtliches Urteil zur Besteuerung von Kryptowährungen veröffentlicht.

Der Rechtsstreit

Das Finanzgericht Baden-Württemberg hatte über die steuerrechtliche Behandlung von Einkünften aus dem Handel mit Kryptowährungen zu urteilen. Nach Auffassung des Klägers waren die von ihm erzielten Gewinne aus dem Handel mit Kryptowährungen nicht der Besteuerung zu unterwerfen.

Zur Begründung führte der Kläger aus, dass es sich bei den gehandelten Kryptowährungen nicht um Wirtschaftsgüter im steuerrechtlichen Sinne handele. Unter den Begriff des Wirtschaftsguts könnten weder die den Kryptowährungen zugrunde liegende Software noch der Public Key, Private Key oder eine Kombination aus diesen subsumiert werden (Teile der Verschlüsselungsmethode von Kryptowährungen). Vor diesem Hintergrund könne auch keine für die Besteuerung erforderliche „Veräußerung“ vorliegen. Letztlich liege im Hinblick auf die Besteuerung von Kryptowährungen ein strukturelles Vollzugsdefizit vor, weshalb die Besteuerung der Gewinne aus dem Handel mit Kryptowährungen verfassungswidrig sei.

Entscheidung

Das Finanzgericht Baden-Württemberg wies die Klage als unbegründet zurück. Entgegen der Auffassung des Klägers sei der steuerrechtliche Begriff des Wirtschaftsguts weit zu fassen und umfasse unter Zugrundelegung einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise auch die vom Kläger gehandelten Kryptowährungen. Auf die technischen Details der Kryptowährungen komme es für die rechtliche Bewertung als Wirtschaftsgut nach Auffassung des Gerichts nicht entscheidend an.

Darüber hinaus sei die Besteuerung von Kryptowährungen auch nicht wegen eines strukturellen Vollzugsdefizits verfassungswidrig. Das hierfür erforderliche „normative Defizit“ in Form einer widersprüchlich auf Ineffektivität angelegten Besteuerungsnorm bestehe im Bereich des § 23 Einkommensteuergesetz (EStG) nicht. Die Tatsache, dass sich die meisten Handelsplattformen für Kryptowährungen im Ausland befinden, ändere nichts an diesem Ergebnis. Die sich hieraus – auch unter Berücksichtigung der erhöhten Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen – potenziell ergebenden Ermittlungsschwierigkeiten seien auf die Grenzen nationalstaatlicher Souveränität zurückzuführen und könnten dem Gesetzgeber nicht als Verstoß gegen die Verfassung angelastet werden. Auch die (teilweise) bestehende Möglichkeit des anonymen Handels über Kryptobörsen könne nicht zu einem anderen Ergebnis führen. Entgegen der Auffassung des Klägers stünden der Finanzverwaltung beispielsweise über Sammelauskunftsersuchen bei Kryptobörsen geeignete Mittel zur Beschaffung besteuerungsrelevanter Informationen zur Verfügung, sodass die Steuerbelastung beim Handel mit Kryptowährungen nicht nahezu allein auf der Erklärungsbereitschaft der Steuerpflichtigen basiere.

Fazit und Ausblick

Als erstes finanzgerichtliches Urteil zur Besteuerung von Kryptowährungen ist das Urteil zu begrüßen. In der Sache können die Ausführungen des Finanzgerichts dahingegen durchaus kritisiert werden. Insbesondere die Ausführungen zur Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung des Handels mit Kryptowährungen beschränken sich auf die vom Kläger vorgetragenen Argumente. Die darüber hinaus dargestellten verfassungsrechtlichen Bedenken finden keine Erwähnung.

Vor diesem Hintergrund und der Tatsache, dass das Finanzgericht die Revision beim Bundesfinanzhof zugelassen hat, bleibt die weitere Entwicklung mit Spannung abzuwarten. Dies gilt insbesondere auch für die dem Urteil nicht zugrunde liegende Behandlung von über den Handel mit Kryptowährungen hinausgehenden Kryptoeinkünften (DeFi, NFTs etc.). Die Revision ist beim Bundesfinanzhof anhängig. Das Aktenzeichen beim Bundesfinanzhof ist noch nicht bekannt. Betroffene Steuerpflichtige können laufende Verfahren nun unter Hinweis auf das Verfahren zum Ruhen bringen.

Stefan Hamacher, LL.M.

Steuerberater, Fachberater für Internationales Steuerrecht

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Julien Jeuckens

Steuerberater

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