Doppelbesteuerungsabkommen

Erzielt ein Steuerpflichtiger Einkünfte ausschließlich in Deutschland, liegt das Recht zur Besteuerung dieser Einkünfte ausschließlich beim deutschen Staat. Abgrenzungsschwierigkeiten ergeben sich, sobald grenzüberschreitend Einkünfte erzielt werden. Dies gilt sowohl für Outbound-Fälle, d.h. der Einkünfteerzielung im Ausland durch in Deutschland ansässige Steuerpflichtige, als auch für Inbound-Fälle, d.h. der Erzielung von Einkünften in Deutschland durch im Ausland ansässige Steuerpflichtige. In diesen Fällen kommt es zu Kollisionen zweier Besteuerungsprinzipien. Während der Ansässigkeitsstaat des Steuerpflichtigen regelmäßig das Universalitätsprinzip anwendet, also das gesamte Welteinkommen ansässiger Personen besteuert, wird der ausländische Staat, in dem die Einkünfte erzielt werden (sogenannter Quellenstaat), regelmäßig nach Maßgabe des Territorialprinzips ungeachtet der Ansässigkeit des Steuerpflichtigen eine Besteuerung der im Quellenstaat erzielten Einkünfte vornehmen. 

Zur Beseitigung dieses Spannungsfelds und des dadurch entstehenden Risikos einer Doppelbesteuerung der Einkünfte grenzüberschreitend tätiger Steuerpflichtiger bedarf es entsprechender Regelungen. Neben den diesbezüglich auch im innerstaatlichen Steuerrecht bestehenden Regelungen bedarf es zudem zwischenstaatlich abgestimmter Regelungen. Zu diesem Zweck werden regelmäßig die sogenannten Doppelbesteuerungsabkommen geschlossen. Dabei handelt es sich um bilaterale Verträge zwischen verschiedenen Staaten, die jeweils Regelungen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung vorsehen. Regelmäßig stehen dabei Ertragsteuern wie die Einkommensteuer, Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer bzw. vergleichbare ausländische Steuern im Fokus der Doppelbesteuerungsabkommen. Gleichermaßen existieren Doppelbesteuerungsabkommen zur Vermeidung von Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Erbschaft- und Nachlasssteuern. Teilweise existieren auch Sonderabkommen bezüglich der Einkünfte und Vermögen von Schifffahrt- und Luftfahrtunternehmen. 

Doppelbesteuerungsabkommen auf dem Gebiet der Ertragsteuern hat Deutschland mit über 90 Staaten abgeschlossen. Auf dem Gebiet der Erbschaft- und Nachlasssteuern sind es deutlich weniger, darunter beispielsweise Österreich, die Schweiz oder die USA. 

Der Aufbau der Doppelbesteuerungsabkommen folgt in der Regel einem einheitlichen Muster. Insbesondere aktuelle Doppelbesteuerungsabkommen basieren auf Musterabkommen der OECD. Gleichwohl können in Detailfragen erhebliche Abweichungen vorliegen. Eine Detailüberprüfung des jeweils einschlägigen Abkommens ist somit unabdingbar. Aufgrund des gemeinsamen Rahmens kann die grundsätzliche Funktionsweise der Doppelbesteuerungsabkommen herauskristallisiert werden: Im Zentrum steht zunächst die Bestimmung des Ansässigkeitsstaats des Steuerpflichtigen. In der Regel ist der Ansässigkeitsstaat dort, wo der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz, Sitz oder den Ort der Geschäftsleitung besitzt und somit auch bereits nach nationalem Recht unbeschränkt steuerpflichtig ist. Abgrenzungsschwierigkeiten können sich in Fällen ergeben, in denen Steuerpflichtige in mehreren Staaten über die oben genannten Anknüpfungsmerkmale verfügen.

Auf Basis der Ansässigkeit nehmen die Abkommen eine Zuweisung der Besteuerungsrechte zu den Vertragsstaaten vor. Dabei ist streng zwischen verschiedenen Einkunftsarten zu unterscheiden. Die Zuweisung der Besteuerungsrechte für Unternehmensgewinne unterliegt anderen Regelungen als beispielsweise die Zuweisung der Besteuerungsrechte für Zins-, Lizenz-, Dividenden- oder sonstige Einkünfte. In der Regel wird dabei dem Ansässigkeitsstaat ein uneingeschränktes Besteuerungsrecht zugewiesen, während der Quellenstaat ein beschränktes Recht zur Besteuerung erhält. Die Beschränkung kann sich dabei auf die Einkünfte von im Quellenstaat gelegenen unbeweglichem Vermögen oder Betriebsstätten beziehen bzw. auch auf Basis eines festen Steuersatzes erfolgen (z.B. bei Quellensteuer auf Dividenden). Zu beachten ist dabei stets, dass sich die Funktion der Doppelbesteuerungsabkommen in einer Zuweisung und ggf. erfolgenden Beschränkung der Besteuerungsrechte erschöpft. Die Abkommen können nie eine Steuerpflicht in einem der Vertragsstaaten begründen, hierzu sind stets Regelungen des jeweils nationalen Steuerrechts erforderlich. Dadurch können auch im Ergebnis unbesteuerte Einkünfte vorliegen (sogenannte weiße Einkünfte), wenn der Staat, dem das Besteuerungsrecht zugewiesen wird, auf nationaler Ebene keine Steuerpflicht vorsieht. Insbesondere bei in jüngerer Vergangenheit abgeschlossenen Abkommen finden sich für diese Fälle jedoch regelmäßig Rückfallklauseln, die sodann das Besteuerungsrecht dem anderen Staat zuweisen (sogenannte Subject-to-tax Klauseln).

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