Zahlungsansprüche nach der GAP-Reform 2003 sind abschreibbar

Kernaussage

Die durch die GAP-Reform 2003 eingeführte Zahlungsansprüche sind abnutzbare immaterielle Wirtschaftsgüter. Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der Zahlungsansprüche ist (jedenfalls am Bilanzstichtag 30.06.2007) typisierend mit zehn Jahren zu schätzen.

Sachverhalt

Der Kläger L erzielte in dem Streitjahr Einkünfte aus der Verpachtung seines ursprünglich selbstbewirtschafteten landwirtschaftlichen Betriebs. Auf der Grundlage der im Jahr 2003 auf der Ebene der EU beschlossenen gemeinsamen Agrarpolitik der EU (GAP-Reform 2003) und der hierzu ergangenen Verordnungen, setzte die Landwirtschaftskammer auf Antrag der Pächterin mit Bescheid vom 31.03.2006 für diese sog. Zahlungsansprüche für das Ackerland u.a. für die vom L angepachteten Flächen fest. Im September 2006 beendete der L den Pachtvertrag und erwarb von der Pächterin 86 Zahlungsansprüche zu einem Gesamtkaufpreis von 27.900 €. Noch in demselben Jahr verpachtete L die Fläche an die B-GbR und „übertrug“ die Zahlungsansprüche unentgeltlich auf diese. Die B-GbR war verpflichtet, die Ansprüche nach Ablauf der Pachtdauer unentgeltlich auf L "zurück zu übertragen". In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr beigefügten Gewinnermittlung machte der L die Anschaffungskosten für die Zahlungsansprüche nicht mittels Abschreibung aufwandswirksam geltend. Gegen den erklärungsgemäß veranlagten Bescheid legte L jedoch Einspruch ein, mit dem er die Berücksichtigung der Anschaffungskosten für die Zahlungsansprüche im Wege der linearen Absetzung für Abnutzung begehrte. Dabei ging der L von einer Nutzungsdauer von sieben Jahren aus. Mit Einspruchsentscheidung wies das FA den Einspruch des L als unbegründet zurück. Das FG gab jedoch der von den L erhobenen Klage überwiegend statt. Die Zahlungsansprüche seien abnutzbare Wirtschaftsgüter. Die dafür angefallenen Anschaffungskosten seien daher im Wege der AfA gewinnwirksam zu berücksichtigen. Die betriebsgewöhnlich Nutzungsdauer sei aber nicht mit sieben, sondern mit zehn Jahren zu schätzen. Das FA legte daraufhin Revision ein.

Entscheidung

Die Revision ist unbegründet. Das FG hat zu Recht entschieden, dass der L AfA auf die entgeltlich erworbenen Zahlungsansprüche vornehmen konnte, da es sich um abnutzbare immaterielle Wirtschaftsgüter handelt. Nach ständiger Rechtsprechung beinhaltet der Begriff des "Wirtschaftsguts" in Anlehnung an den Begriff "Vermögensgegenstand" im Handelsrecht nicht nur Sachen und Rechte im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs, sondern auch tatsächliche Zustände und konkrete Möglichkeiten, d.h. sämtliche Vorteile für den Betrieb, deren Erlangung sich der Kaufmann etwas kosten lässt, die also aus der Sicht eines potentiellen Betriebserwerbers einen eigenständigen Wert haben. Davon ausgehend sind die Zahlungsansprüche als immaterielle Wirtschaftsgüter anzusehen.

Ein immaterielles Wirtschaftsgut ist nicht abnutzbar, wenn seine Nutzung weder unter rechtlichen noch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zeitlich begrenzt ist. Bei zeitlich begrenzten Rechten kann ausnahmsweise von einer unbegrenzten Nutzungsdauer ausgegangen werden, wenn sie normalerweise ohne weiteres verlängert werden, ein Ende also nicht abzusehen ist. Im Zweifel ist jedoch nach dem Grundsatz der Vorsicht von einer zeitlich begrenzten Nutzung auszugehen. Ausgehend von diesem Grundsätzen sind die Zahlungsansprüche als abnutzbare Wirtschaftsgüter anzusehen. Zwar weist das FA zutreffend darauf hin, dass die VO (EG) Nr. 1782/2003, auf der die hier streitigen Zahlungsansprüche beruhten, zeitlich nicht befristet war. Gegen eine derartige Annahme spricht bereits die Historie der seit 1962 existierenden Gemeinsamen Agrarpolitik der EU. Diese ist im Laufe der Jahre immer wieder erheblich reformiert worden. Auch für die durch die GAP-Reform 2003 geschaffenen Zahlungsansprüche bestand keine Gewähr dafür, dass diese auf Dauer angelegt sind. Berücksichtigt man weiterhin, dass der Finanzierungsrahmen für die GAP-Reform 2003 zunächst nur bis in das Jahr 2013 festgelegt worden war, konnte von einer zeitlich unbegrenzten Nutzung der Zahlungsansprüche zum maßgeblichen Bilanzstichtag (30. Juni 2007) nicht ausgegangen werden. Die zeitliche Begrenztheit der Zahlungsansprüche wird schließlich auch durch die zwischenzeitlich erfolgte GAP-Reform 2013 bestätigt, in deren Zuge alle Zahlungsansprüche mit Wirkung zum 31. Dezember 2014 ihre Gültigkeit verloren haben.

Die vom FG im Wege der Schätzung ermittelte betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der Zahlungsansprüche von zehn Jahren ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Zu dem Bilanzstichtag war nicht konkret absehbar, ob und in welcher Ausgestaltung die Zahlungsansprüche über das Jahr 2013 hinaus fortbestehen würden. Insoweit hält der BFH es für sachgerecht, die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der Zahlungsansprüche ungeachtet des Umstandes, dass der Finanzierungsrahmen der Zahlungsansprüche zunächst nur bis ins Jahr 2013 festgelegt war, auch zum 30. Juni 2007 typisiert mit zehn Jahren zu schätzen.

Hinweis

Die Entscheidung ist zwar zu den alten Zahlungsansprüchen ergangen, dürfte aber auch bei den neuen Zahlungsansprüchen zu berücksichtigen sein, da deren Geltungsdauer genau so wenig rechtssicher beurteilt werden kann.

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