Vorabgewinn als umsatzsteuerbares Sonderentgelt
Kernaussage
Die Überlassung von Vieheinheiten ist keine landwirtschaftliche Dienstleistung wenn die Verschaffung von Steuervorteilen im Vordergrund steht. Sie unterliegt somit auch nicht der Durchschnittsbesteuerung gem. § 24 UStG.
Sachverhalt
Der Kläger versteuert seine Umsätze nach § 24 UStG. Er ist mit einem Kapitalanteil von 97 % Komplementär einer KG; Kommanditist mit einem Kapitalanteil von 3 % ist A. Die KG unterhält einen landwirtschaftlichen Betrieb mit dem Schwerpunkt Ferkelaufzucht und versteuert ihre Umsätze gleichfalls nach § 24 UStG. Der Kläger und A verpflichteten sich, der KG Vieheinheiten zu überlassen. Sie erhielten hierfür einen Vorabgewinn von 5 EUR je Vieheinheit. Des Weiteren war im Gesellschaftsvertrag geregelt, dass im Innenverhältnis der Gesellschafter dieser Vorabgewinn untereinander nicht als Aufwand behandelt wird und auch keine Betriebsausgabe der Gesellschaft darstellt. Hinsichtlich der vorstehenden Vorabgewinne (§ 10 Abs. 1 a - 1 b) wird grundsätzlich vereinbart, dass diese nur gezahlt werden, sofern entsprechende Gewinne vorhanden sind. Reicht der Gewinn dazu nicht aus, erfolgt eine prozentuale und gleichmäßige Kürzung in der vorstehenden Reihenfolge, beginnend mit § 10 Abs. 1 b dieses Vertrages. Zudem verpachtete der Kläger gegen gesondertes Entgelt einen Ferkelaufzuchtstall an die KG.
Für die Überlassung der Vieheinheiten an die KG vereinnahmte der Kläger in den Streitjahren 545 EUR (2011), 650 EUR (2012) und 600 EUR (2013). Das FA ging von einem Entgelt für eine dem Regelsteuersatz unterliegende Leistung aus. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
Entscheidung
Der BFH bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz (FG Düsseldorf v. 19.01.2018 – 1 K 1018/16 U). Danach handele es sich bei der Vieheinheitenüberlassung um eine steuerbar und steuerpflichtig erbrachte Leistung, die nicht § 24 UStG unterliege. Letzteres begründete der BFH damit, dass es sich bei Überlassung von Vieheinheiten nicht um eine landwirtschaftliche Dienstleistung handele, da der Kerngehalt der Leistung in der Verschaffung von Steuervorteilen bei der Einkommen- und Umsatzsteuer zu sehen sei.
Die Überlassung von Vieheinheiten durch einen Gesellschafter an eine Personengesellschaft unter gesellschaftsvertraglicher Vereinbarung eines Vorabgewinns erfolgt nach Auffassung von FG und BFH gegen Entgelt, wenn der Gesellschafter mit der Zahlung rechnen kann.
Steuerbar sind nur die gegen Entgelt ausgeführten Leistungen. Der hierfür erforderliche unmittelbare Zusammenhang zwischen Leistung und Entgelt muss sich aus einem Rechtsverhältnis ergeben, das auch gesellschaftsvertraglicher Art sein kann.
Wird der Gesellschafter bei seiner Tätigkeit für die Gesellschafter lediglich im Rahmen der allgemeinen Gewinnverteilung vergütet, kommt dem im Hinblick auf die allgemein zu vermutende Zufallsabhängigkeit der Gewinnentstehung grds. kein Entgeltcharakter zu. Der unmittelbare Zusammenhang und damit ein steuerbarer Leistungsaustausch liegen nicht vor, wenn die Gesellschafter für ihre Gesellschaft Leistungen erbringen, die als Gesellschafterbeitrag nur im Rahmen der allgemeinen Gewinnverteilung vergütet werden. Diese allgemeine Gewinnbeteiligung ist weder Entgelt für das Halten der Beteiligung noch Entgelt für Tätigkeiten des Gesellschafters. Denn die Gewinnentstehung hängt nicht unmittelbar mit der Leistungserbringung zusammen, sondern ist von einer Vielzahl von Faktoren und damit zumindest teilweise vom "Zufall" abhängig. Ein unmittelbarer Zusammenhang mit der Leistungserbringung liegt dagegen vor, wenn die Leistung nach ihrem Umfang oder ihrer Menge abgegolten wird.
Anders ist es lt. BFH jedoch, wenn die Gewinnverteilung durch Besonderheiten geprägt ist, die für einen Gesellschafter, der für seine Gesellschaft tätig ist, die Zufallsabhängigkeit seiner Gewinnberechtigung entfallen lassen. Dies trifft auf einen sog. Vorabgewinn zu, der die Gewinnverteilung in der Weise modifiziert, dass das Entstehen eines Vergütungsanspruchs des Gesellschafters dem Grunde nach feststeht. So ist es nach den Feststellungen des BFH z. B. dann, wenn bei einer Gesellschaft, bei der im Hinblick auf die Vereinbarung von Gesellschafterbeiträgen kaum Kosten anfallen, mit einer jährlichen Gewinnentstehung zu rechnen ist.
Die erhaltenen Zahlungen seien nicht Ausfluss einer allgemeinen Gewinnbeteiligung, sondern beruhten auf tatsächlich erbrachten Gesellschafterbeiträgen. Soweit sich die Entgelterwartung des Klägers tatsächlich nicht erfülle, weil die KG nicht ausreichend Gewinne erwirtschafte, habe sich der Kläger danach von vornherein mit einer Minderung des Entgelts einverstanden erklärt.
Entgegen der Ansicht des Klägers ist die Würdigung des FG Düsseldorf auch nicht im Hinblick auf das Urteil des FG Münster (Urteil v. 27.03.2018 – 5 K 3718/17 U) zu beanstanden. Das FG Münster hat in seinem Urteil eine andere Auslegung dann für möglich gehalten, wenn sich eine Gewinnabhängigkeit der Vergütung aus den sonstigen Regelungen des Vertrages oder dessen tatsächlicher Durchführung ergebe. Dabei sind die Unterschiede zwischen dem Streitfall und dem des FG Münster zu beachten, die sich laut BFH daraus ergeben, dass die Gesellschaftsverträge eine unterschiedliche Vergütung pro Vieheinheit (Streitfall: 5 €, FG Münster: 10 €) sowie im Streitfall eine Kapitalverzinsung von lediglich 250 € (5 % von 5.000 €) vorsahen. Die KG hatte im Streitfall daneben nur die Pacht für einen Ferkelaufzuchtstall (ca. 22.000 €) zu zahlen, während die KG im Fall des FG Münster einen Hof für ca. 70.000 € pachtete, so dass ein Verlust der KG nicht nur möglich war, sondern in einem der Streitjahre auch tatsächlich eintrat.
Hinweis
Die Differenzierung zwischen den beiden Sachverhalten des FG Düsseldorf und FG Münster erscheint nicht schlüssig. Ist der Gewinn im Fall des FG Düsseldorf mal nicht ausreichend oder gar nicht vorhanden, ist dass nicht mehr Ausfluss der Zufälligkeit eines entstehenden Gewinns, sondern eine von vornherein vereinbarte Entgeltsminderung, weil unterstellt wird, dass eigentlich immer ein entsprechender Gewinn zu erwarten ist. Ein solcher ist aber nicht nur aufgrund der vertraglichen oder gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen einzuschätzen, sondern ist auch von anderen wirtschaftlichen Verhältnissen (fehlende Absatzmärkte, gesunkene Preise etc.) abhängig. Insofern erscheint die Entscheidung eher zufallsabhängig, da im Streitfall in den Streitjahren die Gewinne jeweils ausreichten, während im Fall des FG Münster zumindest in einem Streitjahr ein Verlust endstand.