Unterliegt die Vermietung virtueller Grundstücke der Umsatzsteuer?

Steuerpflichtige Umsätze im Inland?

Der Kläger meldete 2011 ein Gewerbe an, das den Internethandel zum Gegenstand hat. Hieraus erzielte er Umsätze durch die Vermietung von virtuellem Land im Rahmen des Programms A.

A ist eine Online-3D-Weltsimulation, die von einem Unternehmen (D) mit Sitz in den USA betrieben wird. Die Spieleserver befinden sich ebenfalls dort. Die Kunden (Spieler) von D erkunden und gestalten diese Welt mit ihren Avataren (Spielfiguren) nach Belieben. So können Details der virtuellen Umgebung (Gebäude, Kunstwerke, Kfz etc.) selbst erstellt und gestaltet werden. Letztere können die Kunden dann selbst verwenden oder an andere Nutzer gegen die virtuelle Währung M verkaufen bzw. vermieten.

Der Kläger erwarb nun im Programm virtuelles Land, parzellierte und gestaltete dieses und vermietete es an andere Nutzer gegen Zahlung von M, welche er später über die Tauschbörse des Programms in US-Dollar tauschte. Strittig war, ob der Kläger aufgrund seiner Tätigkeit steuerpflichtige Umsätze im Inland ausführte.

Das Finanzamt behandelte die Umsätze ab dem Jahr 2015 als auf elektronischem Weg erbrachte Dienstleistungen. Da die Identität der Empfänger (Wohnort, Unternehmer oder Nichtunternehmer) dieser Leistungen nicht bekannt war, schätzte das Finanzamt die Inlandsumsätze mit 70 %. Hierbei stützte es sich auf die Annahme, dass die Nutzer überwiegend Privatpersonen aus dem deutschsprachigen Raum seien.
Demgegenüber fehlte es nach Ansicht des Klägers an einem Leistungsaustausch zwischen ihm und den Nutzern, da sowohl die Nutzer als auch er nur Leistungsbeziehungen zu D unterhielten. Ein Rechtsverhältnis zu den Kunden ließen die AGB seitens D nicht zu; auch stehe dem entgegen, dass die Nutzer anonym seien.

Urteil des Finanzgerichts: Lizenzleistungen

Nach Ansicht des Finanzgerichts Köln erbringt der Kläger eine Dienstleistung gegenüber den anderen Nutzern, indem er ihnen bearbeitetes virtuelles Land zur Verfügung stellt. Ferner besteht auch ein Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und seinen Kunden, da diese in der virtuellen Welt das Büro des Klägers betreten und einen Mietvertrag abschließen, unabhängig davon, dass sich dies alles in der virtuellen Welt abspielt. Zudem seien die Kunden über die verwendete IP-Adresse identifizierbar.

Allerdings qualifiziert das Finanzgericht, anders als das Finanzamt, die vom Kläger erbrachten Leistungen weder als tauschähnlichen Umsatz noch als auf elektronischem Weg erbrachte Dienstleistungen. Vielmehr liegen Leistungen gegen Entgelt vor, da die virtuelle Währung M wie ein Zahlungsmittel zu behandeln ist. Da der Kläger die Grundstücke selbst gestaltete, handelte es sich nicht um auf elektronischem Weg erbrachte Dienstleistungen, da diese ohne wesentliche menschliche Beteiligung erbracht werden. Das Finanzgericht behandelt die Leistungen des Klägers als Lizenzleistungen. Die Schätzung des Finanzamts hätte daher tendenziell höher ausfallen müssen, weil Lizenzleistungen nur dann nicht im Inland besteuert werden, wenn die Kunden im Drittland sitzen, auf elektronischem Weg erbrachte Dienstleistungen hingegen auch bei Wohnsitz im EU-Ausland.
Angesichts des in deutscher Sprache verfassten Internetauftritts des Klägers sah das Finanzgericht die vorgenommene Schätzung der im Inland steuerbaren Umsätze als sachgerecht an. Es lehnte die Klage daher ab.

Konsequenzen

Der Fall zeigt die Probleme und Fragen auf, denen sich Unternehmer zu stellen haben, die derartige Geschäfte tätigen:
Sind Sie Unternehmer? Wem gegenüber wird eine Leistung erbracht und um welche Art der Leistung handelt es sich? Sind die Kunden Unternehmer oder nicht und wo haben diese ihren (Wohn-)Sitz? Ist die Ingame-Währung als Zahlungsmittel anzusehen? Etc.

Können diese Fragen nicht zufriedenstellend beantwortet werden, wird eine zutreffende Deklaration der Umsatzsteuer nahezu unmöglich. Die Risiken steigen mit jeder unbeantworteten Frage, Schätzungen des Fiskus ist wenig entgegenzusetzen. Holen Sie daher rechtzeitig steuerlichen Rat ein, am besten noch vor Beginn der Tätigkeit. Unsere Experten helfen Ihnen gerne weiter.

Gert Klöttschen

Steuerberater

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