Versammlungseinberufung durch unzuständiges Organ: Beschlüsse sind nichtig!
Wenn die „falsche“ Person einberuft, sind alle in der Gesellschafterversammlung gefassten Beschlüsse unwirksam
Die Einberufung einer Gesellschafterversammlung durch einen Unbefugten führt zur Unwirksamkeit der Einladung und zur Nichtigkeit der dort gefassten Beschlüsse. Dies entschied der Bundesgerichtshof für eine Partnerschaftsgesellschaft und betonte die Gültigkeit der Feststellung für alle Rechtsformen.
Des einen Freud ist des anderen Leid
Im Jahr 2020 lud einer der Gründungsgesellschafter einer aus fünf Gesellschafter:innen bestehenden Partnerschaft mit beschränkter Berufshaftung (Part mbB) zu einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung ein. Einziger Tagesordnungspunkt war der sofortige Ausschluss eines Mitgesellschafters (Partners). So geschah es dann auch: In Abwesenheit des betroffenen Partners wurde beschlossen, diesen aus der Gesellschaft „hinauszuwerfen“. Allerdings war bei der Einberufung der Versammlung übersehen worden, dass dafür laut Gesellschaftsvertrag nur der Managing Partner zuständig war und dies war nicht der einladende Gründungsgesellschafter. Dieser kleine Schönheitsfehler wurde den Gesellschafter:innen zum Verhängnis. Der vermeintlich ausgeschlossene Partner klagte gegen den Beschluss und bekam erst vor dem Bundesgerichtshof recht.
Wenn sich ein Versehen zum „schwerwiegenden Mangel“ auswächst
Die Richter:innen erklärten zunächst, dass seit der Modernisierung des Personengesellschaftsrechts Verstöße gegen „Form, Frist und Inhalt“ einer Einberufung nur unter folgender Voraussetzung zur Nichtigkeit von Beschlüssen führen: wenn dadurch der mit den gesellschaftsvertraglichen oder gesetzlichen Ladungsbestimmungen verfolgte Zweck vereitelt wird, nämlich dem einzelnen Gesellschafter die Vorbereitung auf die Tagesordnungspunkte und die Teilnahme an der Versammlung zu ermöglichen. Dieser Grundsatz sei indes auf die Einberufung der Gesellschafterversammlung durch eine unbefugte Person nicht übertragbar. Ein solch schwerwiegender Mangel führe ohne Weiteres – rechtsformübergreifend (!) – zur Unwirksamkeit der Einladung und zur Nichtigkeit der auf der Versammlung gefassten Beschlüsse. Konkret erläuterte der Bundesgerichtshof, dass die Ladung durch einen Unbefugten einer Nichtladung gleichkomme und vom Geladenen unbeachtet bleiben könne, ohne dass ihm hieraus nachteilige Rechtsfolgen erwachsen dürfen. Die Partnerschaftsgesellschafter:innen hatten also am Ende das Nachsehen; der beschlossene Rauswurf war nichtig.
Gut zu wissen, was in der Satzung steht!
Das Urteil zeigt deutlich, dass man den eigenen Gesellschaftsvertrag kennen sollte, insbesondere die Bestimmungen zur Einberufung und Durchführung von Gesellschafterversammlungen. In Zeiten, da sich die Gesellschafter:innen wohlgesonnen sind, mag ein Formfehler ohne rechtliche Folgen bleiben. Aber sobald Spannungen auftreten, wird so mancher Gesellschafter nur zu gern die Chance ergreifen, ihm unrechte Beschlüsse unter Verweis auf einen Formmangel aus der Welt zu schaffen. Es gilt: lieber alles gleich richtig machen. Das erspart kosten- und zeitintensive Rechtsstreitigkeiten um die Wirksamkeit von eventuell fehlerhaft gefassten Beschlüssen.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 16.7.2024 – II ZR 100/23