Vermietung an Angehörige: Ermittlung der ortsüblichen Miete

 

Wer eine Wohnung verbilligt vermietet, darf dennoch die entsprechenden Werbungskosten zu 100 % geltend machen, vorausgesetzt, die Miete beträgt mindestens 66 % der ortsüblichen Marktmiete. In der Praxis wird die ortsübliche Miete meist dem örtlichen Mietspiegel der Stadt oder Gemeinde entnommen. Gilt der Mietspiegel aber auch dann, wenn mehrere Wohnungen vergleichbarer Größe und Ausstattung im selben Haus vermietet werden und die Miethöhe vom Mietspiegel abweicht?

Sachverhalt

Die Klägerin vermietete eine Eigentumswohnung an ihre Tochter zu einem monatlichen Mietpreis von 370 € (einschließlich Nebenkosten). Im selben Haus vermietete Sie eine weitere Wohnung gleicher Größe und Ausstattung an einen fremden Dritten zu einem Mietpreis einschließlich Nebenkosten von monatlich 578 €. Das Finanzamt berücksichtigte den Werbungskostenabzug für die an die Tochter vermietete Wohnung nur anteilig zu 64,01 %. Begründung: Ortsübliche Miete und damit Vergleichsmaßstab ist im vorliegenden Sachverhalt die Fremdmiete im selben Haus. Demnach betrage die zwischen Mutter und Tochter vereinbarte monatliche Miete von 370 € nur 64,01 % der ortsüblichen Miete von 578 € und damit weniger als die gesetzlich geforderten 66 %. Den Einwand der Klägerin, dass die verbilligte Miete bei Anwendung des örtlichen Mietspiegels mehr als 88 % der Marktmiete beträgt, ließ das Finanzamt nicht gelten.

Entscheidung des Finanzgerichts

Zu Recht, entschied das Finanzgericht. Die ortsübliche Miete ist regelmäßig ein Schätzwert und kann daher grundsätzlich auf jedem Wege ermittelt werden. Sofern ein örtlicher Mietspiegel vorhanden ist, kann dieser selbstverständlich als Grundlage und Anhaltspunkt für die Schätzung der ortsüblichen Marktmiete herangezogen werden. Allerdings bestehe kein zwingender absoluter Vorrang des Mietspiegels vor anderen Schätzungsmethoden, zu denen nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhof auch Vergleichsmieten gehören. Nach Ansicht der Finanzrichter erscheint deren Anwendung im vorliegenden Fall auch geboten, denn die Heranziehung der Miete für eine im selben Haus belegene fremdvermietete Wohnung gleicher Größe und gleicher Ausstattung sei sachgerechter als eine Schätzung mit Hilfe des Mietspiegels, die gegebenfalls erst durch pauschale Zu- bzw. Abschläge an die konkreten örtlichen Gegebenheiten angepasst werden müsste.

Konsequenz

Jetzt muss der Bundesfinanzhof entscheiden. Die Revision ist anhängig. Antworten erhoffen sich die Finanzrichter insbesondere auf die Frage, ob für die Ermittlung der Marktmiete vorrangig allein auf einen vorhandenen Mietspiegel abzustellen ist und die Vergleichsmiete nur dann heranzuziehen ist, wenn es keinen örtlichen Mietspiegel gibt. In vergleichbaren noch offenen Streitfällen mit dem Finanzamt ist den Steuerpflichtigen zu raten, mittels Einspruch und Antrag auf Ruhen des Verfahrens den Steuerfall bis zur Entscheidung des Bundesfinanzhof offen zu halten.

Hinweis: Der Referentenentwurf zum Jahressteuersatz 2020 sieht vor, dass die Grenze für die generelle Aufteilung der Wohnraumüberlassung in einen entgeltlich und unentgeltlich vermieteten Teil von 66 % auf 50 % der ortsüblichen Miete herabgesetzt wird. Die neue Grenze soll ab dem Veranlagungszeitraum 2021 gelten.

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