Veräußerungsgewinn nach § 23 EStG bei privatisierter Altenteilerwohnung

Kernaussage

Das FG hatte zu entscheiden, ob bei der Ermittlung eines Veräußerungsgewinns nach § 23 EStG für eine steuerfrei nach § 13 Abs. 4 EStG entnommene Altenteilerwohnung anstelle der Anschaffungskosten der Buchwert oder der Teilwert zu berücksichtigen ist.

Sachverhalt

Der Steuerpflichtige erzielte Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Zum land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen gehörten u.a. eine alte Hofstelle und 2 Wohnungen (eine Betriebsleiterwohnung sowie eine Altenteilerwohnung). Zum 31.12.2007 wählte der Steuerpflichtige die Nutzungswertbesteuerung ab, als Folge wurden die Wohnungen steuerfrei ins Privatvermögen nach § 13 Abs. 4 EStG überführt. Im Februar 2009 veräußerte der Steuerpflichtige die Hofstelle einschließlich der steuerfrei entnommen Wohnhäuser. Steuerliche Folgen aus der Veräußerung zog der Steuerpflichtige nicht.

Die Betriebsprüfung für die Jahre 2008 bis 2010 kam zu dem Entschluss, dass die Veräußerung der Altenteilwohnung einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn nach § 23 EStG ausgelöst habe. Denn gemäß § 23 Abs. 1 S. 2 EStG gilt auch die Überführung eines Wirtschaftsguts in das Privatvermögen durch Entnahme als Anschaffung i.S.d. § 23 EStG. Ausgenommen hiervon sind selbstgenutzte Wohnungen. Gemäß BMF-Schreiben vom 05.10.2000 stellen jedoch Altenteilerwohnungen keine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnungen dar. Bei Grundstücken, die von einem Betriebsvermögen in ein Privatvermögen entnommen werden, muss daher anstelle der Anschaffungskosten der Entnahmewert berücksichtigt werden. Ausnahmsweise tritt an die Stelle der Anschaffungskosten der Buchwert, wenn aufgrund von gesetzlicher Bestimmung kein Entnahmegewinn zu berücksichtigen ist. Die Finanzverwaltung erließ daraufhin einen geänderten Einkommensteuerbescheid 2009 unter Berücksichtigung eines Veräußerungsgewinn nach § 23 EStG. Bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns berücksichtigte das Finanzamt die Buchwerte für Grund und Boden und Gebäude als Anschaffungskosten. 

Gegen den Bescheid legte der Steuerpflichtige Einspruch ein, der als unbegründet verworfen wurde. Nach Auffassung des Steuerpflichtigen sei anstelle des Buchwerts der Teilwert bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns zu berücksichtigen. Denn im Rahmen des § 23 EStG solle nur die Wertsteigerung, die nach dem Entnahmezeitpunkt entstanden ist, erfasst werden. Durch den Ansatz des Buchwertes anstelle des Teilwertes würde der steuerfreie Entnahmewert des § 13 Abs. 4 S. 4 EStG in einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn i.S.d. § 23 EStG umgewandelt. Der Steuerpflichtige legte daraufhin gegen die Einspruchsentscheidung Klage ein.


Der Steuerpflichtige erzielte Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Zum land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen gehörten u.a. eine alte Hofstelle und 2 Wohnungen (eine Betriebsleiterwohnung sowie eine Altenteilerwohnung). Zum 31.12.2007 wählte der Steuerpflichtige die Nutzungswertbesteuerung ab, als Folge wurden die Wohnungen steuerfrei ins Privatvermögen nach § 13 Abs. 4 EStG überführt. Im Februar 2009 veräußerte der Steuerpflichtige die Hofstelle einschließlich der steuerfrei entnommen Wohnhäuser. Steuerliche Folgen aus der Veräußerung zog der Steuerpflichtige nicht.


Die Betriebsprüfung für die Jahre 2008 bis 2010 kam zu dem Entschluss, dass die Veräußerung der Altenteilwohnung einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn nach § 23 EStG ausgelöst habe. Denn gemäß § 23 Abs. 1 S. 2 EStG gilt auch die Überführung eines Wirtschaftsguts in das Privatvermögen durch Entnahme als Anschaffung i.S.d. § 23 EStG. Ausgenommen hiervon sind selbstgenutzte Wohnungen. Gemäß BMF-Schreiben vom 05.10.2000 stellen jedoch Altenteilerwohnungen keine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnungen dar. Bei Grundstücken, die von einem Betriebsvermögen in ein Privatvermögen entnommen werden, muss daher anstelle der Anschaffungskosten der Entnahmewert berücksichtigt werden. Ausnahmsweise tritt an die Stelle der Anschaffungskosten der Buchwert, wenn aufgrund von gesetzlicher Bestimmung kein Entnahmegewinn zu berücksichtigen ist. Die Finanzverwaltung erließ daraufhin einen geänderten Einkommensteuerbescheid 2009 unter Berücksichtigung eines Veräußerungsgewinn nach § 23 EStG. Bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns berücksichtigte das Finanzamt die Buchwerte für Grund und Boden und Gebäude als Anschaffungskosten.

 
Gegen den Bescheid legte der Steuerpflichtige Einspruch ein, der als unbegründet verworfen wurde. Nach Auffassung des Steuerpflichtigen sei anstelle des Buchwerts der Teilwert bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns zu berücksichtigen. Denn im Rahmen des § 23 EStG solle nur die Wertsteigerung, die nach dem Entnahmezeitpunkt entstanden ist, erfasst werden. Durch den Ansatz des Buchwertes anstelle des Teilwertes würde der steuerfreie Entnahmewert des § 13 Abs. 4 S. 4 EStG in einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn i.S.d. § 23 EStG umgewandelt. Der Steuerpflichtige legte daraufhin gegen die Einspruchsentscheidung Klage ein.

Entscheidung

Das FG hat entschieden, dass die Klage des Steuerpflichtigen begründet ist. Bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns ist als fiktive Anschaffungskosten der Teilwert im Entnahmezeitpunkt und nicht der Buchwert anzusetzen.


Gemäß § 23 Abs. 3 S. 3 EStG ist in den Fällen der Überführung eines Wirtschaftsguts ins Privatvermögen anstelle der Anschaffungskosten der Wert i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG, d.h. der Teilwert, anzusetzen.

Dem von der Finanzverwaltung zur Begründung angeführten BMF-Schreiben vom 05.10.2000 folgt das Gericht nicht. Dem BMF-Schreiben zufolge ist für den Fall einer steuerfreien Entnahme anstelle der Anschaffungskosten der Buchwert zum Entnahmezeitpunkt zu berücksichtigen. Dies gilt auch dann, wenn bei der Überführung eines Wirtschaftsguts in das Privatvermögen der Entnahmewert kraft Gesetz außer Ansatz bleibt.

Das FG ist der Auffassung, dass dem Ansatz des Buchwertes, wie im o.g. BMF-Schreiben aufgeführt, anstelle des Teilwertes bereits der Gesetzeswortlaut entgegensteht. Denn in § 23 Abs. 3 S. 3 EStG wird ausdrücklich auf § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG und damit dem Teilwert als Entnahmewert verwiesen. Nach Ansicht des FG ist der Verweis auch folgerichtig, weil mit der Abwahl der Nutzungswertbesteuerung die Wohnung als entnommen gilt.

Zudem ist das FG der Ansicht, dass ebenfalls die Systematik des Einkommensteuergesetzes gegen den Ansatz des Buchwertes für die zuvor steuerfrei entnommene Wohnung steht. Denn mit der Entnahme des Wirtschaftsguts endet dessen Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen, es wird Teil des Privatvermögens des Steuerpflichtigen. Folgt man hingegen der Auffassung des Finanzamtes und verneint den Teilwertansatz, so wird hierdurch eine Ausdehnung der Versteuerung privater Wertsteigerungen (Spekulationsgewinn) auf den betrieblichen Bereich vorgenommen.

Weiterhin kann nach Auffassung des FG der Buchwertansatz nicht zum Tragen kommen, weil hierdurch die während der Zugehörigkeit des Wirtschaftsguts zum Betriebsvermögen entstandenen stillen Reserven im Fall der Veräußerung innerhalb der Frist nach § 23 EStG nachversteuert werden. Diese Nachversteuerung der stillen Reserven ist jedoch gesetzlich nicht ausdrücklich abgedeckt.

Hinweis

Die Revision wurde wegen abweichender Rechtsauffassung der Finanzverwaltung im BMF-Schreiben vom 05.10.2000 nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen. Das FA hat gegen die Entscheidung Revision unter dem Az.: IX R 12/19 beim BFH eingelegt. Die vorliegende Rechtsfrage hat nur noch Bedeutung für Betriebsleiter- und Altenteilerwohnungen in einem Baudenkmal, da für diese die Nutzungswertbesteuerung, verbunden mit dem Wahlrecht jederzeit die Entnahme zu erklären, über den 31.12.1998 weiter angewendet werden kann. Die anderen Wohnungen gelten als zum 31.12.1998 entnommen, sodass für diese die Spekulationsfrist zum 31.12.2008 endete.

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