Was hat die Umsatzsteuer mit dem Kauf oder Verkauf von Immobilien zu tun?

 

„Nichts! Der Verkauf von Immobilien ist steuerfrei“ – so lautet eine häufige Antwort in der Praxis. Wie so oft im UStG werden schnelle und klare Antworten dem Problem nicht gerecht bzw. sind schlichtweg falsch. Auch die Eingangsfrage bedarf einer differenzierten Betrachtung.

Hierbei sind nicht nur die umsatzsteuerliche Erfassung des Verkaufs/Kaufs an sich zu betrachten, sondern auch die mittelbaren Folgen für Verkäufer bzw. Käufer.

Zunächst ist zu bestimmen, ob der Verkauf der Immobilie umsatzsteuerlich auch als solcher zu qualifizieren ist oder als Geschäftsveräußerung im Ganzen (GiG).

GiG oder Immoblienverkauf: Wo liegt der Unterschied?

Die GiG ist im Gegensatz zum reinen Immobilienverkauf nicht steuerbar, unterliegt also nicht der Umsatzsteuer. Der Verkauf einer Immobilie wird als GiG behandelt, wenn die übertragene Immobilie als eigenständiges (Teil-)Unternehmen zu qualifizieren ist, das fortgeführt wird. 

Beispiel

U vermietet eine Gewerbeimmobilie an eine Bäckerei. Er verkauft die Immobilie 

  • an K, der die Vermietung fortführt, oder
  • an die Bäckerei.

Die Lösung: Im ersten Fall liegt eine nicht steuerbare GiG vor, da K das „Vermietungsunternehmen“ des U fortführt. Im zweiten Fall liegt keine GiG vor, da die Bäckerei die Immobilie selbst nutzt und das „Vermietungsunternehmen“ von U nicht fortführt. Liegt keine GiG vor, ist der Verkauf steuerfrei. Der Verkäufer kann jedoch unter bestimmten Voraussetzungen zur Umsatzsteuer optieren.

Von Vorteil für den Verkäufer: zur Umsatzsteuer optieren

Durch die Option zur Umsatzsteuer vermeidet der Verkäufer, Vorsteuern, die insbesondere aus dem Kauf bzw. der Herstellung der Immobilie resultieren, nachträglich zu korrigieren und ans Finanzamt zurückzuzahlen. Für den Käufer wiederum bietet sie keine Vorteile, sondern eher Risiken, die zu beachten sind.

Wieso Vorsteuerkorrektur?

Das UStG sieht die Korrektur des ursprünglich geltend gemachten Vorsteuerabzugs aus dem Erwerb, der Herstellung und aus bestimmten Dienstleistungen im Zusammenhang mit Immobilien innerhalb eines Zehn-Jahres-Zeitraums vor, wenn die Immobilie steuerschädlich genutzt wird.

Beispiel

U hat am 31.12.2019 eine Immobilie errichtet, die er ab dem 1.1.2020 für eigene, zum Vorsteuerabzug berechtigende Zwecke nutzt. Er macht hieraus im Jahr 2019 1 Mio. € Vorsteuer geltend. Zum 1.1.2021 verkauft er die Immobilie.

  • Der Verkauf stellt eine GiG dar.
  • Der Verkauf ist keine GiG und erfolgt steuerfrei.
  • Der Verkauf ist keine GiG und U optiert zur Umsatzsteuer.

Lösung

Bei Vorliegen einer GiG (Fall 1) ergibt sich keine Vorsteuerkorrektur. Das vorhandene Vorsteuerkorrekturpotenzial (Fall 2) und der verbleibende Korrekturzeitraum gehen auf den Käufer über.

Im Fall 2 stellt die steuerfreie Veräußerung eine schädliche Verwendung dar. Die Vorsteuer ist zu korrigieren (900.000 € = 9/10 von 1 Mio. €). Durch eine Option zur Umsatzsteuer im Kaufvertrag hätte U dies verhindern können; nachträglich ist dies jedoch nicht mehr möglich.

Optiert U zur Umsatzsteuer (Fall 3), so kann sich lediglich eine Vorsteuerkorrektur zu seinen Gunsten, nicht jedoch zu seinen Ungunsten ergeben. Macht der Käufer die Vorsteuer aus dem Kauf geltend, so ist er zunächst nicht belastet. Allerdings steht er nun seinerseits zehn Jahre unter Beobachtung und muss die Vorsteuer korrigieren, wenn er die Immobilie schädlich verwendet.

Risiken für den Käufer

Für den Käufer ist die Option zur Umsatzsteuer nur mit Risiken verbunden. Zunächst muss er zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt sein, damit die Umsatzsteuer für ihn nicht sofort zum Kostenfaktor wird. Zugleich ist er gezwungen, die Immobilie zehn Jahre unschädlich zu nutzen, wenn er eine Korrektur der Vorsteuer aus dem Erwerb verhindern will. Dies schließt z.B. eine steuerfreie Veräußerung oder Vermietung aus.

Gibt es Risiken für den Verkäufer?

Der Verkäufer hat zu prüfen, ob das Risiko einer Vorsteuerkorrektur besteht. Diesem Risiko kann er durch die Option zur Umsatzsteuer begegnen, wenn sie zulässig ist. In der Praxis wird häufig zu Unrecht das Vorliegen einer GiG im Kaufvertrag unterstellt. Stellt sich dies als falsch heraus, erfolgt der Verkauf steuerfrei. Eine nachträgliche Option zur Umsatzsteuer ist dann nicht mehr möglich. Verhindern lässt sich dies durch geeignete Umsatzsteuerklauseln, die in Kaufverträgen jedoch selten im erforderlichen Umfang Berücksichtigung finden. 

Fazit

Der Kauf bzw. Verkauf von Immobilien erfordert umfassende Kenntnisse des UStG bzw. eine adäquate Beratung. Liegt eine GiG vor? Ergeben sich Vorsteuerkorrekturen und wie können diese verhindert werden? Diese Fragen hat der Käufer im Vorfeld zu klären. Eine Option zur Umsatzsteuer birgt für den Käufer mögliche Risiken. Daher ist zu prüfen, ob seine Zustimmung zur Option bei der Bemessung des Kaufpreises adäquat berücksichtigt wurde. Und wichtig für beide Vertragsparteien – Käufer und Verkäufer – sind geeignete Vertragsklauseln, die mit Blick auf die umsatzsteuerlichen Risiken die jeweiligen Interessen berücksichtigen.

Gert Klöttschen

Steuerberater

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Klaus Altendorf

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater

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Oliver Lohmar, LL.M.

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Uwe Inkemann

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