Pflicht zur Vergütung von Überstunden trotz Freistellung

Kernaussage

Im Rahmen der Beendigung von Arbeitsverhältnissen kommt es in vielen Fällen auch gleichzeitig zu einer Freistellung des Arbeitnehmers von der weiteren Erbringung seiner Arbeitsleistung. Üblicherweise wird diese Freistellung auf noch vorhandenen Urlaub angerechnet. Sollen aber (auch) vorhandene Überstunden durch die Freistellung abgebaut werden, muss dies explizit vereinbart sein. Dies hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 20.11.2019 entschieden.

Sachverhalt

Im konkreten Fall hatte eine Sekretärin ihren ehemaligen Arbeitgeber verklagt. Im September 2016 hatte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin fristlos gekündigt. Später einigten sich die Parteien in einem vor dem Arbeitsgericht geschlossenen Vergleich dergestalt, dass die fristlose Kündigung in eine ordentliche Kündigung umgewandelt wurde mit Enddatum 31.3.2017. Außerdem verständigten sich die Parteien darauf, dass die Arbeitnehmerin bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses unter Anrechnung von Urlaub freigestellt sein sollte.

Für die durch die Klägerin geleisteten Überstunden aber wurde keine Vereinbarung getroffen. Die Klägerin verlangte daher anschließend noch die Abgeltung der Überstunden und zog erneut vor Gericht. Nach Auffassung der Klägerin sei zwar der Urlaub durch die Freistellung erledigt worden, nicht aber die Überstunden. Das Arbeitsgericht Münster folgte in der ersten Instanz der Meinung der Klägerin; im Berufungsverfahren vor dem Landesarbeitsgericht Hamm erhielt jedoch der Arbeitgeber als Beklagter Recht.

Entscheidung

Das Verfahren ging dann noch in die dritte Instanz vor das Bundesarbeitsgericht, das sich auch der Meinung der Klägerin anschloss. So hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass auf einem Arbeitszeitkonto eingestellte Plusstunden grundsätzlich durch eine Freistellung abgebaut werden können. Voraussetzung hierfür sei aber, dass dies ausdrücklich zwischen den Parteien vereinbart worden ist. Allein eine Regelung dergestalt, dass der Arbeitnehmer unwiderruflich von der Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt wird, sei dafür nicht ausreichend. Die Klägerin hatte damit noch Anspruch auf Abgeltung der Überstunden.

Konsequenz

Das Urteil überzeugt und zeigt einmal mehr wieder auf, wie wichtig genaue und sorgfältige Vereinbarungen auch bei Freistellungen von Arbeitnehmern sind, um spätere Streitigkeiten und Rechtsunsicherheiten zu vermeiden. Soll der Arbeitnehmer unwiderruflich unter Anrechnung von Urlaubs- und Freizeitausgleichsansprüchen freigestellt werden, muss dies auch explizit schriftlich vereinbart werden. Zu empfehlen ist auch in vielen Fällen die zusätzliche Aufnahme von sogenannten Ausgleichsklauseln.

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Alexandra Hecht

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht

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