Massenentlassungsanzeige auch ohne Soll-Angaben wirksam

Wann muss Massenentlassungsanzeige erstattet werden?

Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) verpflichtet Arbeitgeber, vor Entlassung einer höheren Anzahl von Arbeitnehmern zur vorherigen Anzeige bei der Agentur für Arbeit. § 17 KSchG legt Schwellenwerte fest, die je nach Betriebsgröße ab einer bestimmten Zahl zu entlassender Arbeitnehmer in einem Zeitraum von 30 Kalendertagen die Anzeigepflicht auslösen. Wird die Massenentlassungsanzeige unterlassen oder fehlen erforderliche Angaben, so ist sie unwirksam und kann zur Unwirksamkeit der ausgesprochenen Kündigungen führen.

Was muss angegeben werden?

Das Gesetz unterscheidet zwischen Muss- und Soll-Angaben. Demnach muss die Anzeige den Namen des Arbeitgebers, den Sitz, die Art des Betriebs, die Gründe für die geplanten Entlassungen, die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden und der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer, den Zeitraum und die vorgesehenen Kriterien für die Auswahl nennen („Muss-Angaben“). Die Anzeige soll zudem das Geschlecht, das Alter, den Beruf und die Staatsangehörigkeit der betroffenen Arbeitnehmer benennen („Soll-Angaben“).

Welche Folgen hat es, wenn die Soll-Angaben weggelassen werden?

Nach dem in Bezug genommenen BAG-Urteil sind Soll-Vorschriften hingegen lediglich eindringliche Empfehlungen des Gesetzgebers.

Dennoch haben die Arbeitsgerichte in der Vergangenheit zahlreiche Massenentlassungsanzeigen, die keine Soll-Angaben enthielten, für unwirksam erklärt und dies mit einer richtlinienkonformen Auslegung des Kündigungsschutzgesetzes begründet. Das BAG ist dieser Ansicht nunmehr entgegengetreten und hat ein entsprechendes Urteil des Landesarbeitsgerichts Hessen aufgehoben. Die Kündigung der 17 Arbeitnehmer in einem Betrieb mit regelmäßig mehr als 20 und weniger als 60 Arbeitnehmern sei trotz fehlender Soll-Angaben wirksam. Der Gesetzgeber habe bei der Schaffung der Norm bewusst zwischen Muss- und Soll-Angaben unterschieden. Dies dürfe bei ihrer Anwendung nicht missachtet werden. Es entspreche zudem der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, dass die Angabe von Geschlecht, Alter, Beruf und Staatsangehörigkeit in der Massenentlassungsanzeige nicht erforderlich sei.

Das Urteil des BAG ist zu begrüßen. Es erhöht die Praktikabilität, indem die zwingenden Anforderungen an das Zusammentragen von Arbeitnehmerdaten für die Massenentlassungsanzeige abgesenkt werden. Und es schafft Rechtssicherheit. Arbeitgeber können nun auf den Gesetzeswortlaut und den Hinweis im Anzeigeformular der Agentur für Arbeit vertrauen und müssen nicht fürchten, dass ihre Kündigungen aufgrund fehlender Soll-Angaben unwirksam sind.

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Michael Huth

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht

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