Keine Zwangsbetriebsaufgabe durch Veräußerung der Hofstelle eines verpachteten luf Betriebs

Kernaussage

Die Veräußerung der Hofstelle eines verpachteten land- und forstwirtschaftlichen Betriebs führt nicht zu dessen zwangsweiser Aufgabe.

Sachverhalt

Die Erben (3 Kinder der Erblasserin (E)) haben 2010 im Wege der Gesamtrechtsnachfolge verpachtete landwirtschaftliche Flächen erworben. E hatte im Jahr 1973 nach dem Tod ihres Ehemanns die landwirtschaftlich genutzten Flächen nacheinander an verschiedene Pächter jeweils im Ganzen verpachtet. Die Hofstelle veräußerte sie mit Vertrag vom ...1974 zum ...1975. Spätestens seit dem Jahr 1976 wurden die Einkünfte bei E als solche aus Vermietung und Verpachtung behandelt. In ihrer Feststellungserklärung für das Streitjahr (2010) erklärte die Erbengemeinschaft ebenfalls Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Das Finanzamt (FA) ging demgegenüber von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft aus.

Das Finanzgericht (FG) gab der nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage statt. Es war der Ansicht, der von E bis ins Wirtschaftsjahr 1973/1974 geführte land- und forstwirtschaftliche (luf) Betrieb sei von dieser mit dem Verkauf der Hofstelle im Wirtschaftsjahr 1974/1975 zwangsweise aufgegeben worden. Gegen diese Entscheidung legte das FA Revision ein.

Entscheidung

Der BFH bestätigt die Auffassung des FA und weist die Rechtssache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück. Das FG hat nach Auffassung des BFH zu Unrecht entschieden, dass E den landwirtschaftlichen Verpachtungsbetrieb durch die Veräußerung der Hofstelle im Wirtschaftsjahr 1974/1975 zwangsweise aufgegeben hat.

Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und den BFH daher bindenden Feststellungen des FG hatte E nach dem Tod ihres Ehemanns die vorhandenen landwirtschaftlichen Flächen --ohne die Hofstelle-- im Jahr 1973 zunächst im Ganzen verpachtet. Durch den Verkauf der Hofstelle ist das Verpächterwahlrecht nicht entfallen.

Der Steuerpflichtige hat nach ständiger Rechtsprechung im Fall der Verpachtung seines Betriebs ein Wahlrecht, ob er den Vorgang als Betriebsaufgabe i.S. des § 16 Abs. 3 EStG behandeln oder das Betriebsvermögen während der Verpachtung fortführen und daraus betriebliche Einkünfte erzielen will. Das Wahlrecht entfällt aber, wenn anlässlich oder während der Verpachtung die wesentlichen Betriebsgrundlagen des landwirtschaftlichen Betriebs so umgestaltet werden, dass sie nicht mehr in der bisherigen Form genutzt werden können. Denn die identitätswahrende Fortführung des landwirtschaftlichen Betriebs ist an den Fortbestand der verpachteten wesentlichen Betriebsgrundlagen gebunden. Dass die Hofstelle bei der Verpachtung des luf Betriebs im Ganzen ebenso wie bei der parzellenweisen Verpachtung der landwirtschaftlichen Flächen mitverpachtet wird, ist für die Anwendung der Betriebsverpachtungsgrundsätze nicht erforderlich. Dem liegt die Annahme zu Grunde, dass es schon immer luf Betriebe ohne Hofstelle gab, es namentlich bei der Bewirtschaftung von Stückländereien einer Hofstelle nicht bedarf. Solange der Verpächter keine eindeutige Erklärung der Betriebsaufgabe abgibt, ist er daher grundsätzlich frei, den Verpachtungsbetrieb zu Beginn oder während der Verpachtung in einem Umfang umzustrukturieren, der einer Wiederaufnahme der Eigenbewirtschaftung, wenn auch in abgewandelter Form, nicht entgegensteht.

Ist eine Hofstelle danach jedoch keine unabdingbare Voraussetzung für die steuerrechtliche Anerkennung eines luf Betriebs, folgt daraus zugleich, dass das weitere Schicksal der zurückbehaltenen Hofstelle für die Absicht der Wiederaufnahme der betrieblichen Tätigkeit auf den verpachteten Grundstücksflächen ebenfalls keine Bedeutung (mehr) haben kann. Mithin führt auch die Veräußerung der Hofstelle nicht zu einer Zwangsbetriebsaufgabe. Entscheidend ist, ob der Verpächter ausdrücklich die Aufgabe des Betriebs erklärt.

Entgegen der Ansicht des FG wurde der Betrieb daher nicht zwangsweise dadurch zerschlagen, dass E die Hofstelle veräußerte. Infolge der Veräußerung der Hofstelle entfielen nicht die Voraussetzungen für die Fortführung des Verpächterwahlrechts. Denn E war als Verpächterin grundsätzlich frei, den Verpachtungsbetrieb in einem Umfang umzustrukturieren, der einer Wiederaufnahme der Eigenbewirtschaftung nicht entgegenstand. Sie konnte daher die Hofstelle auch veräußern. Dass mit den verbliebenen, verpachteten Flächen eine Wiederaufnahme der Eigenbewirtschaftung nicht möglich war, ist nicht festgestellt und auch nicht ersichtlich.

Hinweis

Da das FG -aus seiner Sicht zu Recht- nicht geprüft hat, ob E (ausdrücklich oder konkludent) eine Betriebsaufgabeerklärung abgegeben hat, obwohl die Erben geltend gemacht hatten, sie gingen davon aus, die Betriebsaufgabe sei für 1974 erklärt worden, ist diese Prüfung im zweiten Rechtsgang nachzuholen.

Kontakt

Nehmen Sie mit uns Kontakt auf

Mail Kontaktformular Telefon +49 228 81000 0 Newsletter Newsletter
Durch das Laden des YouTube Videos erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies durch YouTube und Google gesetzt werden, und dadurch Daten an diese Anbieter übermittelt werden. Wir verarbeiten die Daten um die Zugriffe auf unsere YouTube-Videos analysieren zu können oder die Wirksamkeit unserer Werbung und Anzeigen auszuwerten. YouTube und Google verarbeiten die Daten auch zu eigenen Zwecken. Zudem erklären Sie sich auch damit einverstanden, dass Ihre Daten in die USA übermittelt werden, obwohl in den USA das Risiko besteht, dass US-Behörden zu Überwachungszwecken Zugriff auf Ihre Daten erhalten und Ihnen dagegen möglicherweise keine ausreichenden Rechtsschutzmöglichkeiten zustehen. Weitere Informationen finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.
YouTube Video laden