GmbH: Wer darf den Geschäftsführer abberufen?

Was passiert, wenn das falsche Organ den GmbH-Geschäftsführer abberuft

Soll der Geschäftsführer einer GmbH bestellt oder abberufen werden, ist dafür grundsätzlich die Gesellschafterversammlung zuständig. Das ist nur dann nicht so, wenn der Gesellschaftsvertrag etwas anderes bestimmt und diese Kompetenz ausdrücklich auf ein anderes Gesellschaftsorgan überträgt. Was aber gilt, wenn die Gesellschafter in solchen Fällen ihre originäre Kompetenz „wiederhaben“ wollen? Dazu äußerte sich ganz aktuell der Bundesgerichtshof (BGH).

Aufsichtsrat sollte nun doch keine Abberufungskompetenz mehr haben…

Der Fremd-Geschäftsführer einer GmbH sollte abberufen werden. Gesagt – getan: allerdings handelte der Alleingesellschafter (ein eingetragener Verein) und fasste einen notariell beurkundeten Abberufungsbeschluss. Soweit nichts Ungewöhnliches, hätte nicht der GmbH-Gesellschaftsvertrag bestimmt, dass für die Abberufung von Geschäftsführern ausnahmsweise nicht die Gesellschafterversammlung, sondern vielmehr der Aufsichtsrat der GmbH zuständig war. Schlimmer noch: der Aufsichtsrat war mit der Abberufung gar nicht einverstanden und hatte diese im Vorfeld abgelehnt. Deswegen klagte der Geschäftsführer auch gegen seine Abberufung und bekam zunächst Recht. Beim BGH war sein Siegeszug dann allerdings zuende. 

BGH unterscheidet zwischen nichtigem und (nur) anfechtbarem Abberufungsbeschluss

Die Richter erteilten der Ansicht des Geschäftsführers, er könne weiterhin im Amt bleiben, eine klare Absage. Zwar verstoße der Abberufungsbeschluss gegen die gesellschaftsvertraglich festgelegte Kompetenz des Aufsichtsrats; dies mache ihn aber lediglich anfechtbar und nicht nichtig. Denn die von der GmbH frei gewählte Kompetenzverteilung ist nicht gesetzlich normiert; deshalb stellte die Missachtung auch keinen so wesentlichen Eingriff ins GmbH-Recht dar, dass daraus eine Nichtigkeit des Abberufungsbeschlusses folgen musste. Allerdings war der Geschäftsführer selbst zur Anfechtung des Beschlusses nicht berechtigt – dieses Recht stand wiederum nur dem e.V. als alleinigem GmbH-Gesellschafter zu. Abschließend erklärte der BGH noch, dass die Abberufung eines Geschäftsführers eine nur punktuelle Änderung des Gesellschaftsvertrags sei und keine solche, die einen neuen rechtlichen Zustand begründe. Die Beendigung des Organverhältnisses des Geschäftsführers sei per se kein satzungswidriger Zustand, denn diese Rechtslage wäre auch dann eingetreten, wenn der Geschäftsführer im Einklang mit dem Gesellschaftsvertrag – nämlich durch Beschluss des Aufsichtsrates – abberufen worden wäre. Deshalb mussten die Formvorschriften für eine Änderung des Gesellschaftsvertrags (Beurkundung etc.) hier nicht eingehalten werden. 

Was gilt in der Praxis?

Festzuhalten bleibt, dass der Gesellschaftsvertrag einer GmbH grundsätzlich von den gesetzlichen Regelungen abweichen darf und Beschlusskompetenzen, die originär bei der Gesellschafterversammlung angesiedelt sind, auf andere Organe der GmbH übertragen kann. Die Befugnis zur Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern kann daher zulässigerweise an einen Aufsichtsrat delegiert werden. Auch wenn das Urteil den Anschein erweckt, dass eine solche anderweitige satzungsmäßige Zuweisung bei Bedarf „kinderleicht“ von der Gesellschafterversammlung umgangen und die originäre Kompetenz wieder an sich gezogen werden kann, ist Vorsicht geboten: einen generellen Freibrief für Satzungsverstöße gibt es nicht und auch die Schaffung dauerhafter gesellschaftsvertragsändernder Zustände ist nicht ohne Weiteres erlaubt. Besser ist es daher immer, sich an die Kompetenzordnung des GmbH-Gesellschaftsvertrags zu halten. 

BGH, Urteil vom 16.07.2024, II ZR 71/23

Dr. Olaf Lüke

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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