Gesetzentwurf zur Umsetzung der Europäischen Umwandlungsrichtlinie

Was ist bisher rechtlich geregelt und was ändert sich? 

Mit der am 1.1.2020 in Kraft getretenen Umwandlungsrichtlinie (teilweise auch als „Mobilitätsrichtlinie“ bezeichnet) werden für europäische Kapitalgesellschaften die grenzüberschreitende Spaltung zur Neugründung und der grenzüberschreitende Formwechsel (in Form der Sitzverlegung) erstmals auf Richtlinienbasis eingeführt. Darüber hinaus werden die bestehenden Regelungen zur grenzüberschreitenden Verschmelzung modifiziert. Am 20.4.2022 legte das Bundesministerium für Justiz den lange erwarteten Referentenentwurf zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie vor. Die Vorgaben zur Umwandlungsrichtlinie sind bis zum 31.1.2023 in nationales Recht umzusetzen, sodass mit einem zeitnahen Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens zu rechnen ist.   

Wesentliche Punkte des Referentenentwurfs 

  • Der Referentenentwurf gibt ein rechtssicheres, unionsweit kompatibles Registerverfahren vor, bei dem die beteiligten Handelsregister digital miteinander kommunizieren sollen. Auch kommt den Registergerichten künftig eine erweiterte Prüfpflicht zu. Sie sollen im Rahmen einer Missbrauchskontrolle prüfen, ob die grenzüberschreitende Umwandlung missbräuchlichen, betrügerischen oder kriminellen Zwecken dient, indem das Ziel der Umwandlung insbesondere in der Umgehung des nationalen oder europäischen Rechts liegt. Den Registergerichten wird in Fällen eines Missbrauchs ein Ermessen eingeräumt. Liegt ein Fall des Missbrauchs vor, wird keine Vorabbescheinigung über die Rechtmäßigkeit der grenzüberschreitenden Umwandlung ausgestellt. 
  • Des Weiteren weitet der Referentenentwurf den Schutz der Gläubiger stark aus. Im Mittelpunkt steht hier der Bericht eines unabhängigen Sachverständigen und ein Anspruch der Gläubiger auf Sicherheitsleistung. Eine Eintragung der Umwandlungsmaßnahme darf grundsätzlich nur erfolgen, wenn den Gläubigern eine Sicherheitsleistung gewährt wird, sofern sie Forderungen haben, die vor Offenlegung der Strukturmaßnahme bestanden, aber nicht fällig waren, und sie die Gefährdung der Erfüllung dieser Forderung durch die Umwandlung glaubhaft machen. 
  • Zum Schutz der Minderheitsgesellschafter:innen normiert der Referentenentwurf ein Austrittsrecht gegen Barabfindung und einen Anspruch auf Verbesserung des Umtauschverhältnisses bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung und Spaltung. Die Ungleichbehandlung von Minderheitsgesellschafterinnen und Minderheitsgesellschaftern übertragender und übernehmender Gesellschaften bei der Verschmelzung wird beendet, indem das sogenannte Spruchverfahren künftig beiden Gruppen von Minderheitsgesellschafter:innen zur Verfügung steht. 
  • Arbeitnehmerrechte werden durch mehr Transparenz und Information geschützt, indem künftig beispielsweise eine umfassende und frühzeitige Informations- und Berichtspflicht für die Arbeitnehmer:innen besteht. Insofern orientiert sich der Entwurf grundsätzlich an dem von der Europäischen Gesellschaft (SE) bekannten Verhandlungsmodell mit Auffanglösung im sogenannten besonderen Verhandlungsgremium. Allerdings findet diese schon dann Anwendung, wenn die Gesellschaft eine Anzahl von Arbeitnehmer:innen beschäftigt, die vier Fünftel des nationalen Schwellenwerts entsprechen. 
  • Eine weitere wichtige Normierung liegt darin, dass bei Verschmelzungen unter Beteiligung von Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien als Abfindung bei einem unangemessenen Umtauschverhältnis die Pflicht zur Barleistung durch die Gewährung von Anteilen ersetzt werden kann. 

Neuregelungen werden für Rechtssicherheit und Effizienz sorgen

Das Gesetz zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie wird künftig die grenzüberschreitende Umwandlung erleichtern, indem es für eine dringend notwendige Vereinheitlichung beim Schutz der betroffenen Interessengruppen sorgt und eine grenzüberschreitende Umwandlung in vielen Fällen erst ermöglichen wird. Dennoch ist weiterhin darauf hinzuweisen, dass sich die Neuregelungen nur an Gesellschaften innerhalb der EU und des EWR wenden und grenzüberschreitende Umwandlungen mit Drittstaatenbezug gesetzlich weiterhin unberücksichtigt bleiben.

Dr. Olaf Lüke

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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Stefanie Jobs

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Steuerrecht, Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht

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Christina Schrey

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Steuerrecht

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Tim Löhrer, LL.M.

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