Equal Pay lässt Abweichungen zu
Der Fall
Die Klägerin ist Mitglied der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaften (ver.di). Sie ist als Leiharbeitnehmerin beschäftigt. Ihr Lohn für die Arbeit als Kommissioniererin in einem Einzelhandel lag bei 9,23 € pro Stunde. Vergleichbare Stammarbeitnehmer:innen bekamen 13,64 € für dieselbe Tätigkeit. Die Leiharbeitnehmerin sah in dieser unterschiedlichen Vergütung eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung und verlangte die Zahlung des entsprechenden Differenzbetrags.
EuGH fordert tarifvertraglichen Ausgleich
Das BAG hatte bereits im Dezember 2022 das Verfahren ausgesetzt und zu diesem Sachverhalt ein Vorabentscheidungsverfahren beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) angestrengt. Nach Auffassung des EuGH dürfen Leiharbeitnehmer:innen bei Anwendung eines Tarifvertrags schlechter bezahlt werden als Stammbeschäftigte. Allerdings müsse der Tarifvertrag diese Schlechterstellung dann in Bezug auf „wesentliche Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen“ ausgleichen. Nur auf diese Weise lasse sich die Ungleichbehandlung rechtfertigen.
BAG: Kein Equal Pay für Leiharbeitnehmer
Das BAG folgte der Ansicht der Vorinstanzen und versagte der Klägerin einen Zahlungsanspruch in Höhe des Differenzbetrags. Nach Auffassung des Gerichts wird der geringere Stundenlohn der Leiharbeitnehmerin tarifvertraglich ausgeglichen. Das einschlägige Tarifwerk gewährleiste die Fortzahlung der Vergütung in verleihfreien Zeiten. Dies stelle einen – vom EuGH geforderten – Ausgleich dar. Dieser Ausgleich sei der Leiharbeitnehmerin auch sicher, da das Wirtschafts- und Betriebsrisiko für verleihfreie Zeiten uneingeschränkt die Verleiher tragen. Zudem seien Leiharbeitnehmer:innen dadurch abgesichert, dass ihre tarifliche Vergütung sowohl die staatlich festgesetzten Lohnuntergrenzen und den gesetzlichen Mindestlohn nicht unterschreiten als auch grundsätzlich nur innerhalb der ersten neun Monate vom Gleichstellungsgrundsatz abweichen dürfen.
Was heißt das nun für die Praxis?
Die Entscheidung des BAG wurde mit Spannung erwartet und ist aus Arbeitgebersicht zu begrüßen. Klar ist nun, dass das BAG auf Planungssicherheit hinsichtlich des Gleichstellungsgrundsatzes bei Leiharbeitnehmer:innen setzt und hierbei Ausnahmen zulässt. Equal Pay gilt nach dieser Entscheidung in erster Linie in Beschäftigungs- bzw. Überlassungsverhältnissen ohne tarifvertraglichen Ausgleich oder – sofern dieser vorliegt – grundsätzlich nur nach bestimmter Überlassungsdauer.