Elektronische Bescheidbekanntgabe: Start erst ab 1.1.2027 - Verschiebung kommt (wahrscheinlich) in letzter Minute
Was ändert sich ab 1.1.2027?
Mit dem Bürokratieentlastungsgesetz IV und der Neufassung von § 122a Abgabenordnung (AO) wird die elektronische Bekanntgabe von Verwaltungsakten ab dem 1. Januar 2027 zum Regelfall. Ziel ist es, das Besteuerungsverfahren weiter zu digitalisieren und bürokratische Hürden abzubauen. Die Neuregelung betrifft insbesondere Steuerbescheide, Steuermessbescheide und Feststellungsbescheide.
Ab 2027 können Finanzbehörden Verwaltungsakte ohne vorherige Einwilligung durch den Steuerpflichtigen elektronisch zum Abruf bereitstellen. Bis zu diesem Zeitpunkt bedarf es einer Zustimmung zur elektronischen Bekanntgabe des Steuerpflichtigen. Grundsätzlich sind alle Steuerpflichtige betroffen, unabhängig davon, ob sie ihre Steuererklärungen selbst über ELSTER elektronisch beim Finanzamt einreichen oder damit einen Steuerberater beauftragen.
Wie funktioniert die elektronische Bekanntgabe?
Die elektronische Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes erfolgt über ein Nutzerkonto, bspw. ELSTER, das von der Finanzverwaltung bereitgestellt wird. Steuerpflichtige oder ihre Bevollmächtigten greifen über ein zertifiziertes, sicheres Verfahren auf dieses Konto zu.
Nach Bereitstellung des Bescheids im Nutzerkonto erhalten abrufberechtigte Personen eine elektronische Benachrichtigung, beispielsweise per E-Mail. Diese Benachrichtigung dient lediglich als Hinweis. Für den Fristbeginn ist ausschließlich der Zeitpunkt der Bereitstellung im Nutzerkonto maßgeblich.
Ein elektronisch bereitgestellter Bescheid gilt am vierten Tag nach der Bereitstellung als bekannt gegeben. Ab diesem Zeitpunkt beginnt die Einspruchsfrist zu laufen. Die Benachrichtigung durch die Finanzverwaltung hat keinen Einfluss auf den Fristbeginn.
Was bedeutet das für Steuerpflichtige in der Praxis?
Steuerbescheide von Steuerpflichtigen, die ihre Steuererklärungen von einem Steuerberater erstellen und elektronisch an die Finanzverwaltung übermitteln lassen, werden zukünftig i.d.R. dem steuerlichen Vertreter zum elektronischen Abruf bereitgestellt, auch wenn keine ausdrücklich erteilte Empfangsvollmacht vorliegt. In diesem Fall ist sichergestellt, dass ein fristgerechter Abruf des Verwaltungsakts erfolgt. Soweit der steuerliche Berater keine Empfangsvollmacht besitzt, ist es ratsam diese noch vor dem 1.1.2027 zu erteilen, um so sicherzustellen, dass die Bekanntgabe seitens der Finanzverwaltung auch an diesen zu erfolgen hat.
Steuerpflichtige, die selbst ihre Steuererklärung über ELSTER elektronisch an die Finanzverwaltung übermitteln, sind künftig verpflichtet ihr Nutzerkonto regelmäßig zu prüfen. Die Verantwortung für den rechtzeitigen Abruf der Bescheide liegt bei den Steuerpflichtigen selbst. Wer das Nutzerkonto nicht kontrolliert, riskiert Fristversäumnisse, etwa bei Einsprüchen.
Papierbescheide werden nur noch auf ausdrücklichen Antrag des Steuerpflichtigen versendet. Ein Widerspruch gegen die elektronische Bekanntgabe ist formfrei und ohne Begründung möglich, gilt jedoch nur für künftige Bescheide.
Für eine reibungslose Umstellung auf Seiten der Steuerpflichtigen empfiehlt es sich die Vollmachten frühzeitig zu überprüfen und ggf. noch zu erteilen. Sollten Steuerpflichtige weiterhin die Bekanntgabe von Steuerbescheiden in Papierform wünschen, bleibt noch bis zum 31.12.2026 Zeit der elektronischen Bekanntgabe zu widersprechen.
Steuerlich nicht beratende Steuerpflichtige, die ihre Steuererklärung selbst über ELSTER elektronisch an die Finanzverwaltung übermitteln, sollte sicherstellen, dass alle organisatorischen und technischen Anforderungen für die elektronische Bescheidbekanntgabe beachtet werden. Andernfalls werden Fristversäumnisse und damit rechtliche Nachteile riskiert. Eine frühzeitige Anpassung der Prozesse erhöht die Rechtssicherheit und minimiert Risiken.
Fazit und Ausblick
Die elektronische Bescheidbekanntgabe wird – soweit der Bundesrat am 19.12.2025 zustimmt – erst 2027 zum Regelfall. Steuerlich beratende Steuerpflichtige sollten die erteilten Vollmachten überprüfen, um sicherzustellen, dass elektronische Verwaltungsakte in jedem Fall dem steuerlichen Berater bekannt gegeben werden um so einen fristgerechten Abruf der Bescheide sicherzustellen. Soweit Steuerpflichtige weiterhin eine papierhafte Bekanntgabe wünschen haben noch bis zum 31.12.2026 Zeit einen entsprechenden Antrag zu stellen. Weitere Konkretisierungen zum Verfahren und zu technischen Details werden in den kommenden Monaten erwartet. Es empfiehlt sich, die Entwicklungen aufmerksam zu verfolgen.