DSGVO-Anspruch im Arbeitsverhältnis – wie weit geht er?
Differenzierung der verschiedenen Ansprüche
Die DSGVO regelt verschiedene Ansprüche des Beschäftigten. Relevant ist insbesondere Art. 15 Abs. 1 DSGVO, nach dem der Arbeitgeber den Beschäftigten darüber aufzuklären hat, ob bzw. welche personenbezogenen Daten er verarbeitet. Ebenso relevant ist Art. 15 Abs. 3 S. 1 DSGVO, wonach der Arbeitgeber dem Beschäftigten eine Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, zur Verfügung stellen muss. Bezüglich dieses Anspruchs herrscht jedoch Rechtsunsicherheit. Weder das Gesetz noch die bisherige Rechtsprechung geben ausreichend Aufschluss über den Umfang und die Grenzen der herauszugebenden Daten.
Verschiedene Auslegungsmöglichkeiten des Rechts auf Kopie
Das Recht auf Kopie wird unterschiedlich weit verstanden. Für eine weite Auslegung, nach der der Arbeitgeber dem Beschäftigten sämtliche Daten, einschließlich der E-Mail-Korrespondenz, die den Beschäftigten betrifft, in Kopie aushändigen muss, spricht vor allem der Hintergrund des Anspruchs. Es handelt sich um eine Ergänzung des Auskunftsanspruchs nach Abs. 1, der es dem Beschäftigten ermöglichen soll, die Verarbeitung seiner Daten auf Rechtmäßigkeit zu kontrollieren. Um diesen Zweck erfüllen zu können, ist der Tatbestand des Rechts auf Kopie bewusst weit gefasst. Eine Beschränkung des Anspruchs ist in Einzelfällen dennoch möglich. Diese Auslegung passt zu dem in Abs. 4 geregelten Vorbehalt, nach dem der Anspruch aufgrund entgegenstehender Rechte in Einzelfällen eingeschränkt werden kann.
Dagegen werden auch arbeitgeberfreundliche Stimmen laut, nach denen das Recht auf Kopie einschränkend auszulegen ist. Diese Stimmen wenden ein, eine Gewähr umfassender Informationen gefährde die Waffengleichheit im Zivilprozess, da der Beschäftigte an Informationen aus der Sphäre des Arbeitgebers gelange. Zuletzt wird behauptet, es bestünden Missbrauchsrisiken, denn der Beschäftigte könne den Anspruch aus außerdatenschutzrechtlichen Zwecken geltend machen, um z.B. Druck auf den Arbeitgeber auszuüben und auf diesem Wege ein vorteilhaftes Verhandlungsergebnis zu erzielen. Aus den vorstehenden Gründen wird vertreten, das Recht umfasse nur bestimmte Datenkategorien, z.B. seien interne Vorgänge wie Vermerke, rechtliche Bewertungen oder Analysen keine personenbezogenen Daten, die in Kopie zu überreichen seien.
Beschränkungen im Einzelfall
Die DSGVO ermöglicht den nationalen Gesetzgebern, Beschränkungen des Anspruchs zu regeln. Davon hat der deutsche Gesetzgeber Gebrauch gemacht und geregelt, dass der Auskunftsanspruch ausgeschlossen ist,
- wenn er Forschungs- und Statistikzwecken entgegensteht,
- wenn es sich bei den Daten um schwer auffindbares Archivgut handelt,
- wenn die Speicherung der Daten nur aufgrund einer gesetzlichen oder satzungsmäßigen Vorschrift erfolgt oder
- wenn es sich bei den Daten um Korrespondenz des Arbeitgebers mit seinem Rechtsbeistand handelt.
Daneben treten Ausnahmen mit Bezug auf Geschäftsgeheimnisse und die Beeinträchtigung des Beschäftigtendatenschutzes anderer Arbeitnehmer. Es bestehen somit viele Beschränkungsmöglichkeiten, jedoch sind diese nur in Einzelfällen anwendbar. Bei der Mehrzahl der Auskunftsansprüche wird keine dieser Beschränkungen eingreifen.
Höchstrichterliche Entscheidung lässt Frage offen
Eine höchstrichterliche Entscheidung zu der dargestellten Auslegungsproblematik lässt weiter auf sich warten. In einem Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht, das diese Problematik beinhaltete und dessen Entscheidung Rechtsklarheit erzeugt hätte, wurde die Revision abgewiesen, da nicht hinreichend bestimmt war, auf welche E-Mails sich der Kläger bezog. Die Auslegungsproblematik um die Reichweite des Rechts auf Kopie wurde von den Richter:innen unbeantwortet gelassen. Somit ist es Arbeitgebern weiterhin möglich, sich auf die enge Auslegung zu berufen und nur Daten in Kopie herauszugeben, die keinen unangemessenen Aufwand erfordern.