Die neue Kleinunternehmerregelung
Ziel der Neuregelung
Die Neuregelung dient dem Zweck, die Regelungen zu den Kleinunternehmer:innen in der EU zu harmonisieren und erstmalig deren grenzüberschreitende Anwendung zu ermöglichen. Denn bisher musste z.B. ein „deutscher“ Kleinunternehmer Umsätze in anderen EU-Mitgliedstaaten versteuern, egal wie hoch diese waren.
Die wesentlichen Änderungen
Steuerfreiheit für Kleinunternehmer
Umsätze von Kleinunternehmer:innen sind nun steuerfrei. Bisher wurde die Umsatzsteuer von Kleinunternehmer:innen nicht erhoben.
Neue Anforderung an die Rechnungsstellung
Auf die Steuerfreiheit für Kleinunternehmer nach § 19 UStG ist in den Ausgangsrechnungen hinzuweisen. Eine Pflicht zur Ausstellung von E-Rechnungen besteht nicht, wohl aber die Pflicht zum Empfang von E-Rechnungen ab 1.1.2025.
Änderung der Höhe, der Ermittlung und der Anwendung der Umsatzgrenzen
Die Anwendung der Kleinunternehmerregelung setzt weiterhin die Einhaltung bestimmter Umsatzgrenzen voraus. Die Schwellenwerte werden erhöht auf:
- Vorjahresumsatz 25.000 € (bisher 22.000 €)
- Umsatz des laufenden Jahres 100.000 € (bisher 50.000 €)
Die Ermittlung der Umsatzgrenze erfolgt auf Basis von Nettowerten (bisher: Bruttowerte); eine Umrechnung in einen Jahresumsatz entfällt.
Die Grenze für das laufende Jahr wird als Freigrenze ausgestaltet, das heißt, mit Überschreiten der 100.000 € entfällt die Kleinunternehmerregelung unterjährig ab diesem Zeitpunkt (nicht rückwirkend).
Ausweitung auf die EU
Deutsche Unternehmer:innen können zukünftig die Kleinunternehmerregelung in anderen Mitgliedstaaten in Anspruch nehmen. Ebenso können Unternehmer:innen aus anderen Mitgliedstaaten in Deutschland die Kleinunternehmerregelung nutzen.
Ein deutscher Unternehmer, der Leistungen in der übrigen EU erbringt, kann die Kleinunternehmerregelungen eines anderen EU-Mitgliedstaats nutzen, wenn
- er die Teilnahme am Meldeverfahren über das BOP-Portal beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) beantragt,
- sein Gesamtumsatz im Gemeinschaftsgebiet jeweils im Vorjahr und im laufenden Jahr 100.000 € nicht überschreitet,
- er die Voraussetzungen der Kleinunternehmerregelung im jeweiligen EU-Mitgliedstaat erfüllt und
- er in keinem anderen Mitgliedstaat für die Kleinunternehmerregelung registriert ist.
Er erhält dann vom BZSt eine Kleinunternehmer-ID zugewiesen und muss quartalsweise Umsatzmeldungen beim BZSt einreichen.
Option zur Umsatzsteuer
Kleinunternehmer:innen können weiterhin zur Umsatzsteuer optieren. Dies ist zukünftig nur noch bis zum letzten Tag des Monats Februar des zweiten Kalenderjahres möglich, das auf den Besteuerungszeitraum folgt.
Möglicher Handlungsbedarf für Sie
Für Kleinunternehmer
Sie müssen als Kleinunternehmer:in nunmehr die Entwicklung des Umsatzes des laufenden Jahres proaktiv im Auge behalten. Denn sobald die 100.000-€-Grenze überschritten ist, entfällt die Kleinunternehmerregelung. Die bisherige Regelung erforderte lediglich eine objektive Prognose des Umsatzes zu Beginn des Jahres. Ließ diese Prognose die Kleinunternehmerregelung zu, so war das tatsächliche Überschreiten der Grenze für die Besteuerung des laufenden Kalenderjahres ohne Bedeutung; dies ist nun nicht mehr so. Angebote sollten so erstellt werden, dass eine spätere Fakturierung der Umsatzsteuer möglich ist und nicht zulasten der Marge geht, das heißt Vorsicht bei der Vereinbarung von Festpreisen.
Die Möglichkeit, die Kleinunternehmerregelung zukünftig in anderen EU-Mitgliedstaaten in Anspruch zu nehmen, ist zu beachten. Angesichts der hiermit verbundenen Meldepflichten ist jedoch zu prüfen, ob sich dies lohnt. Denn dies erfordert u.a. die Überwachung der Einhaltung der Umsatzgrenzen in allen EU-Mitgliedstaaten.
In die Ausgangsrechnungen ist ab dem 1.1.2025 der Hinweis auf die Steuerbefreiung für Kleinunternehmer:innen nach § 19 UStG aufzunehmen.
Für Kunden von Kleinunternehmern aus dem Ausland
Erhalten Sie Nettorechnungen aus dem Ausland für einen in Deutschland steuerbaren Umsatz, so müssen Sie klären, ob dies die Rechnung eines ausländischen Unternehmers ist, der die deutsche Kleinunternehmerregelung nutzt, oder ob der Umsatz unter das Reverse-Charge-Verfahren fällt und Sie Steuerschuldner sind. Gerade Unternehmen, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, sollten hier aufpassen.
Jahressteuergesetz 2024: BR-Drs. 529/24