Betriebsversicherungen verweigern Zahlung bei coronabedingten Betriebsschließungen – zu Recht?
Hintergrund
Mit Verkündung des ersten Lockdowns Anfang 2020 freuten sich viele betroffene Unternehmen noch, wenn sie eine Versicherung abgeschlossen hatten, die im Fall einer Betriebsschließung für die entstehenden Schäden aufkommen sollte. Aber bis Ende des Jahres und mitten im zweiten Lockdown wurden von den Versicherungen häufig noch keine oder nur geringe Zahlungen geleistet.
Mit welchen Argumenten verweigern die Versicherungen die Zahlung?
Die Versicherungen verweigern die Zahlung in der Regel mit dem Argument, dass Covid-19 ein neuartiger Erreger sei, der nicht in den Versicherungsvertrag einbezogen wurde. Außerdem seien die Versicherungen für Einzelfallschließungen ausgelegt, also wenn ein Betrieb geschlossen werden müsse, weil in diesem Krankheitserreger gefunden wurden. Nicht umfasst seien die vorsorglichen Massenschließungen, wie wir sie während dieser Corona-Pandemie erlebt haben. Zumindest seien die Ansprüche der Versicherten um die staatlichen Liquiditätshilfen und das gezahlte Kurzarbeitergeld zu mindern.
Was sagen die Gerichte?
Eine Entscheidung zugunsten der Versicherer erging bereits im Juli 2020 durch das Oberlandesgericht Hamm. In seinem Beschluss gab das Gericht dem Versicherer in dem Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz recht. Der Vertrag enthielt eine ausdrückliche Auflistung aller Krankheiten und Erreger. Für den Versicherungsnehmer sei also absehbar gewesen, für welche Risiken der Versicherer einstehen wolle. Da es sich um eine Entscheidung im Eilverfahren handelte, bedeutet dies jedoch keine Vorwegnahme der Hauptsache. Eine anderweitige Entscheidung bleibt dort noch möglich.
Zugunsten der Versicherungsnehmer entschieden aber bereits das Landgericht Mannheim und das Landgericht München I.
Wenn in den Versicherungsbedingungen auf eine Betriebsschließung infolge von behördlichen Maßnahmen verwiesen werde, betreffe dies alle Betriebsschließungen aufgrund des Infektionsschutzgesetzes. Eine Beschränkung auf Einzelfälle gegen den Betrieb und damit ein Ausschluss von Fällen der Massenschließungen sei für den Kunden dann aus dem Vertrag nicht ersichtlich.
Sofern der Vertrag auf meldepflichtige Krankheitserreger im Sinne der §§ 6, 7 Infektionsschutzgesetz (IfSG) beruhe, sei auch nicht schädlich, dass Covid-19 erst im Februar 2020 ausdrücklich in die Liste aufgenommen wurde. Dies sei auch vorher bereits von der Generalklausel des § 6 Abs. 1 Nr. 5 IfSG umfasst gewesen, wonach auch unbenannte bedrohliche Krankheiten meldepflichtig sind.
Staatliche Hilfszahlungen müssen sich die Versicherten nach Auffassung des Landgerichts München I nicht anrechnen lassen, da es sich dabei um staatliche Leistungen handele und nicht um Schadensersatzzahlungen.
Was sollten Unternehmen jetzt tun?
Wichtig ist es, den eigenen Pflichten aus dem Vertrag nachzukommen. Betriebsschließungen müssen der Versicherung in der Regel unverzüglich gemeldet werden. Auch darüber hinaus kann es weitere Pflichten geben, etwa Entschädigungsansprüche nach dem IfSG gegenüber der zuständigen Behörde geltend zu machen.
Außerdem sollten die Vertragsbedingungen genau geprüft werden. Gegebenenfalls finden sich Klauseln, die eine Haftung für weltweite Pandemien ausschließen oder die als abschließende Aufzählung der Krankheiten und Krankheitserreger aufzufassen sind.
Einige Versicherungen bieten „aus Kulanz“ auch die Zahlung eines Teilbetrags an. In einem solchen Fall sind die Bedingungen genau zu überprüfen, da diese in der Regel mit einer weitreichenden Abgeltungs- und Verzichtserklärung verbunden sind.
Gerne beraten wir Sie persönlich bei der Prüfung Ihrer Vertragsbedingungen und der weiteren Kommunikation mit Ihrem Versicherer.