Testament auf dem Bestellzettel eines Brauhauses: wirksam oder nicht?

Testament muss nicht auf bestimmtem Papier errichtet sein

Manch einer gibt sich beim Entwurf seines Testaments besondere Mühe und benutzt sauberes weißes Schreibpapier; andere wiederum verfassen den Letzten Willen dort, wo sie gerade sind, manchmal eben auch im Brauhaus oder Restaurant auf einer Speisekarte oder dem griffbereiten Bestellzettel. Aber macht das die Verfügungen unwirksam? Das Oldenburger Oberlandesgericht (OLG) entschied Ende 2023, dass ein Letzter Wille auch dann rechtsgültig ist, wenn er auf eher ungewöhnlichem Material wie dem Bestellzettel einer Brauerei niedergeschrieben wurde. Entscheidend ist nur, ob die Äußerung ernst gemeint ist. 

„BB kriegt alles“ stand auf einem Bestellzettel geschrieben

Nach Feierabend saß ein Gastwirt ab und zu noch hinter seiner Theke, wo er auch die „offenen Deckel“ der Gäste aufbewahrte. Hier fand man nach seinem Tod einen abgerissenen Zettel mit dem Logo einer Brauerei, auf dem stand: „BB kriegt alles“. Er war mit der Unterschrift des Verstorbenen versehen und auf einen Tag kurz vor dessen Tod datiert. Bei „BB“ handelte es sich um die langjährige Lebensgefährtin des Gastwirts, die Buchstabenkombination war eine Abkürzung ihres Namens. Als „BB“ bei Gericht einen Erbschein beantragte, der sie als Alleinerbin ausweisen sollte, erlebte sie allerdings eine böse Überraschung. Das Nachlassgericht verweigerte die Erteilung und bestätigte damit die Ansicht der Neffen des Verstorbenen: Man könne sich nicht sicher sein, ob mit „BB“ wirklich die Lebensgefährtin gemeint sei; ferner lasse die Form des vermeintlichen Testaments doch deutlich zu wünschen übrig. Die Lebensgefährtin ließ sich davon nicht beirren und zog vors OLG – mit Erfolg. 

Oberlandesgericht: „BB“ bekommt tatsächlich alles

Die Oldenburger Richter:innen konnten die Zweifel des Nachlassgerichts nicht nachvollziehen und urteilten, dass sich aus den handschriftlichen Notizen auf dem Bestellzettel der Brauerei durchaus eine ernsthafte Äußerung eines Letzten Willens des Erblassers entnehmen lasse. Auch am Fundort des Zettels hinter dem Tresen zwischen unbezahlten Rechnungen störte sich das Gericht nicht im Geringsten; die Aufbewahrungsstelle sei jedenfalls für einen Gastwirt nicht völlig fernliegend. Die Richter:innen hielten damit an der Rechtsgültigkeit des Testaments fest mit der Konsequenz, dass die Neffen des verstorbenen Gastwirts schließlich doch leer ausgingen und „BB“ alles erbte. Als weitere Begründung wurde der Beweis angeführt, dass der Erblasser seine Lebensgefährtin über Jahrzehnte hinweg immer nur mit der von ihm verwendeten Abkürzung ihres Vornamens angesprochen habe und auch die Neffen sie ausschließlich „BB“ genannt hätten. Ansonsten enthalte das Testament ebenfalls alle Mindestbedingungen: Es sei eigenhändig geschrieben, unterschrieben und datiert. 

Keine besonderen Anforderungen für das eigene Testament?

Auch wenn die Entscheidung einmal mehr zeigt, dass deutsche Gerichte dazu tendieren, Testamente auf ungewöhnlichen Schreibunterlagen anzuerkennen, sollte mit der Abfassung des eigenen Letzten Willens nicht zu locker umgegangen werden. Die Gerichte betonen nämlich auch, dass für die Anerkennung eines Testaments ein praxisnaher, brauchbarer Grad an Gewissheit darüber maßgeblich ist, dass der Letzte Wille eigenhändig vom Erblasser verfasst und ernst gemeint ist. Wer also möchte, dass seine letztwilligen Verfügungen ohne Wenn und Aber umgesetzt werden, tut gut daran, es nicht erst der Auslegung eines Gerichts zu überlassen, ob die Gesamtumstände für ein rechtsgültiges Testament sprechen. Es ist daher nach wie vor ratsam, den eigenen Letzten Willen auf sauberer Unterlage vollständig selbst handschriftlich niederzulegen und mit Datum, Ort und Unterschrift zu versehen. Um sicherzustellen, dass das Dokument im Ernstfall rasch gefunden wird, kann es zudem in amtliche Verwahrung gegeben werden; die ist aber kein Muss. 

Oberlandesgericht Oldenburg, Beschluss vom 20.12.2023 – 3 W 96/23

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