Steuerbefreiung von Wohnungsunternehmen: Chance mit Herausforderungen
Die Steuerbefreiung von Wohnungsunternehmen ist eine interessante Möglichkeit in der erbschaft- und schenkungsteuerlichen Gestaltungsberatung. Während vermietete Grundstücke im Privatvermögen meist keine umfassenden Steuerbefreiungen genießen, bietet die Übertragung eines Wohnungsunternehmens unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit einer teilweisen oder gar vollständigen Steuerbefreiung. Die Merkmale des Wohnungsunternehmens sind daher regelmäßig Gegenstand in Rechtsprechung und Literatur, wie etwa im Urteil des Finanzgerichts Münster vom 10.10.2024.
Sonderregelung für Wohnungsunternehmen
Vermietete Grundstücke werden gemäß § 13b Abs. 4 Nr. 1 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) grundsätzlich als (schädliches) Verwaltungsvermögen qualifiziert und von der erbschaft- und schenkungsteuerlichen Begünstigung überwiegend ausgeschlossen. Nach der Rückausnahme des § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 lit. d) ErbStG gilt dies jedoch nicht, wenn:
- sie zum Betriebsvermögen gehören,
- der Hauptzweck des Betriebs in der Vermietung von Wohnungen liegt und
- ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb gemäß § 14 Abgabenordnung (AO) vorliegt.
Der Nachweis eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ist in der Praxis oft anspruchsvoll. Die Finanzverwaltung und die Rechtsprechung setzen hier unterschiedliche Maßstäbe an.
Finanzverwaltung versus Bundesfinanzhof
Die Finanzverwaltung legt bei der Prüfung des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs besonderen Wert auf qualitative und quantitative Merkmale (R E 13b.17 Abs. 3 ErbStR 2019). Indizien für einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb sind demnach:
- der Umfang und die Organisation der Tätigkeit (z.B. Einrichtung eines Büros, Buchführung, Werbung und Dienstleistungen gegenüber der Öffentlichkeit),
- die Vermietung von mindestens 300 eigenen Wohnungen.
Der Bundesfinanzhof setzt hingegen überwiegend auf qualitative Kriterien:
- ein besonders schneller Wechsel der Mieter:innen oder Nutzer:innen, der eine umfangreiche Unternehmensorganisation erfordert;
- die Erbringung von Sonderleistungen, die über die normale Vermietung hinausgehen, wie z.B.:
- Ausstattung der vermieteten Wohnungen nach Vereinbarung,
- Reinigung der Wohnungen,
- Bereitstellung und Pflege von Bettwäsche,
- Angebot von Aufenthaltsräumen, Krankenzimmern oder der Bestellung eines Hausmeisters.
Mit Urteil vom 24.10.2017 hat der Bundesfinanzhof klargestellt, dass die Anzahl der vermieteten Wohnungen nicht entscheidend ist. Vielmehr steht die Qualität der Tätigkeiten im Vordergrund, die sich signifikant von einer reinen Vermögensverwaltung abgrenzen müssen. Die Finanzverwaltung hat diese Grundsätze aber durch einen Nichtanwendungserlass abgelehnt (Oberste Finanzbehörden der Länder, Erlass vom 23.4.2018).
Einzelfallentscheidung: Urteil des Finanzgerichts Münster
Das Finanzgericht Münster zeigt im o.g. Urteil die Unsicherheiten bei der steuerlichen Einordnung von Wohnungsunternehmen auf. Im zugrunde liegenden Fall wurden Zusatzleistungen wie Stromhandel, Hausmeister- und Reinigungsdienstleistungen angeboten. Dennoch wurden die Grundstücke der KG vollständig dem Verwaltungsvermögen zugeordnet. Laut Auffassung des Gerichts haben die vorgenannten Tätigkeiten die Anforderungen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs nicht erfüllt. Das Finanzgericht betonte die enge Auslegung des § 13b Abs. 4 ErbStG und lehnte eine Anwendung der Rückausnahme ab.
Ausblick
Das Urteil des Finanzgerichts Münster zeigt die Chancen und Herausforderungen bei der Steuerbefreiung von Wohnungsunternehmen. Die Abgrenzung zwischen begünstigtem Betriebsvermögen und Verwaltungsvermögen bleibt demnach eine Einzelfallentscheidung, die in der Gestaltung einer sorgfältigen steuerlichen Beratung und rechtlichen Prüfung bedarf. Wir werden die weitere Entwicklung (Revision beim Bundesfinanzhof ist anhängig) aufmerksam verfolgen und Sie über Neuigkeiten informieren.
Finanzgericht Münster, Urteil vom 10.10.2024 – 3 K 751/22 F