Verbraucherkreditvertrag: Berechnung der Widerrufsfrist muss sich klar und deutlich ergeben

 

Sachverhalt

Ein Verbraucher nahm bei der saarländischen Kreissparkasse einen durch Grundpfandrechte gesicherten Kredit über 100.000 € auf, der mit einem bis zum 30.11.2021 gebundenen Sollzinssatz von 3,61 % pro Jahr gesichert war. Der Kreditvertrag enthielt die Bestimmung, dass der Darlehensnehmer seine Erklärung innerhalb von 14 Tagen widerrufen könne und diese Frist nach Vertragsabschluss zu laufen beginne, sobald der Darlehnsnehmer alle Pflichtangaben (Art des Darlehens, Nettodarlehensbetrag und Vertragslaufzeit) erhalten habe, die eine konkrete Vorschrift des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) vorsieht. Die Angaben selbst, deren Erteilung an den Verbraucher für den Beginn der Widerrufsfrist maßgeblich ist, führte der Vertrag indes nicht auf. Er enthielt lediglich den Verweis auf die rechtliche Vorschrift, die selbst auf weitere Rechtnormen verwies. 2016 erklärte der Verbraucher gegenüber der Kreissparkasse den Widerruf seiner vertraglichen Erklärung. Dies hielt die Kreissparkasse für zu spät und meint, sie habe den Verbraucher ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt. Das mit dem Fall befasste Landgericht Saarbrücken rief den Europäischen Gerichtshof zu der Frage an, ob der Verbraucher über die Frist, während der er sein Widerrufsrecht ausüben kann, korrekt informiert wurde.

Entscheidung

Die Frist für die Ausübung des Widerrufsrechts durch den Verbraucher war noch nicht abgelaufen. Die Richter stellten klar, dass Verbraucherkreditverträge in klarer und prägnanter Form die Modalitäten für die Berechnung der Widerrufsfrist angeben müssen. Dass ein Kreditvertrag hinsichtlich der Pflichtangaben, deren Erteilung an den Verbraucher für den Beginn der Widerrufsfrist maßgeblich ist, auf eine nationale Vorschrift verweise, die selbst auf weitere Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats verweise, laufe der entsprechenden europäischen Richtlinie zuwider. Im Fall einer solchen Kaskadenverweisung könne der Verbraucher auf der Grundlage des Vertrags nämlich weder den Umfang seiner vertraglichen Verpflichtung bestimmen noch überprüfen, ob der von ihm abgeschlossene Vertrag alle erforderlichen Angaben enthalte.

Konsequenz

Es muss für einen Verbraucher ohne Schwierigkeiten möglich sein, zu überprüfen, wann die Widerrufsfrist, über die er verfügen kann, für ihn zu laufen beginnt. Wird ein Verbraucher daher in einem Kreditvertrag nicht in klarer und prägnanter Form über die Frist und die anderen Modalitäten für die Ausübung seines Widerrufsrechts informiert, beginnt die Frist nicht zu laufen und der Verbraucher kann von diesem "Widerrufsjoker" noch lange nach dem ursprünglich beabsichtigten Fristablauf Gebrauch machen.

Dr. Andreas Rohde

Rechtsanwalt, Steuerberater, Fachanwalt für Steuerrecht

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Christina Schrey

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Steuerrecht

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