Zur Unternehmereigenschaft eines GmbH-Geschäftsführers
Fall
Der Kläger war Gesellschafter und seit 12/2015 auch Geschäftsführer einer GmbH. Der Geschäftsführervertrag zwischen dem Kläger und der GmbH trat erst mit Wirkung zum 07/2016 in Kraft. Bis dahin hatte der Kläger seine Geschäftsführertätigkeit unentgeltlich ausgeführt. In 09/2016 stellte der Kläger eine Rechnung über 40.000 € für seine Tätigkeit als Geschäftsführer für den Zeitraum von 02–06/2016 an die GmbH. Diese beruhte auf einem Gesellschafterbeschluss aus 09/2016, wonach dem Kläger für den genannten Zeitraum eine „Entschädigung“ für seine Tätigkeit auszuzahlen sei. Das Finanzamt sah hierin eine unternehmerische Tätigkeit des Klägers und setzte Umsatzsteuer fest. Der Kläger wehrte sich hiergegen. Er sei nicht unternehmerisch tätig geworden, da er nicht die Absicht gehabt habe, eine nachhaltige selbstständige Tätigkeit gegen Entgelt auszuführen. Dies käme auch durch den Abschluss des Arbeitsvertrags zum Ausdruck. Hilfsweise beantragte er die Anwendung der Kleinunternehmerregelung.
Finanzgericht: Kläger ist Unternehmer, aber Kleinunternehmer
Das Finanzgericht stellt zunächst klar: Der Abschluss eines Anstellungsvertrags schließt nicht aus, dass der Geschäftsführer unternehmerisch tätig ist. Ob das Anstellungsverhältnis (umsatzsteuerlich) ein Arbeitsverhältnis ist, richtet sich nach den allgemeinen Kriterien zur Abgrenzung selbstständiger von nichtselbstständiger Arbeit. Die Tätigkeit als Geschäftsführer ist steuerbar, wenn der Geschäftsführer als Unternehmer handelt und hierfür ein gewinnunabhängiges Sonderentgelt erhält. Dies sieht das Finanzgericht für den Zeitraum vor Abschluss des Anstellungsvertrags als erfüllt an. Der Kläger war demnach in diesem Zeitraum nachhaltig tätig und erhielt ein Entgelt hierfür (40.000 €).
Allerdings kann der Kläger die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen. Nach Ansicht des Finanzgerichts hat der Kläger in 02/2016 seine unternehmerische Tätigkeit aufgenommen und nicht im Jahr 2015, wie vom Finanzamt unterstellt, da er im Jahr 2015 noch sozialversicherungspflichtig bei der GmbH angestellt war. Da er damit im Jahr 2016 seine unternehmerische Tätigkeit aufgenommen hat, ist er Kleinunternehmer, wenn er in diesem Jahr den Umsatz von 17.500 € (heute: 22.000 €) nicht überschreitet. Hierbei ist nicht auf den tatsächlichen, sondern auf den voraussichtlichen Umsatz des „Erstjahres“ abzustellen. Da der Kläger bei Aufnahme seiner unternehmerischen Tätigkeit zunächst unentgeltlich tätig war, konnte er davon ausgehen, dass er die Grenze nicht überschreitet, also Kleinunternehmer ist.
Konsequenzen
Der Fall zeigt, dass auch bei Abschluss von Verträgen mit Geschäftsführer:innen die Umsatzsteuer zu beachten ist. Über den Fall hinaus sind die Ausführungen des Finanzgerichts zur Bestimmung der Kleinunternehmereigenschaft des Klägers von Bedeutung: zum einen der Hinweis, dass es im Jahr der Aufnahme der unternehmerischen Tätigkeit allein auf die prognostizierten Umsätze und nicht auf die tatsächlichen Umsätze ankommt, was im Übrigen auch für die im Folgejahr zu beachtende Grenze (50.000 €) gilt, und zum andern der Hinweis, dass es einer solchen Prognose nicht entgegensteht, wenn später nachträglich und rückwirkend eine Vergütung vereinbart wird, die die Grenze überschreitet. Allerdings muss anhand objektiver Anhaltspunkte überprüfbar sein, dass im Zeitpunkt der Prognose die spätere Vergütung nicht abzusehen war.
Finanzgericht München, Urteil vom 27.2.2024 – 5 K-1794/22