Umsatzsteuerbetrug durch Käufer beim Verkauf von Kfz ins EU-Ausland

Das Betrugsmodell

Vereinfacht läuft der Betrug wie folgt: Der potenzielle Käufer meldet sich bei Ihnen aufgrund Ihrer Verkaufsanzeige. Er stellt sich als Unternehmer aus der übrigen EU vor, der das Kfz zu einem guten Preis kaufen und dann selbst in die übrige EU transportieren möchte (Abholfall). Er suggeriert Ihnen, dass der Verkauf als innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei erfolgen muss. Nachfragen zu erforderlichen Nachweisen werden kompetent beantwortet und Zweifel Ihrerseits bagatellisiert. Tatsächlich wird das Kfz dann aber im Inland mit Umsatzsteuer verkauft, ohne diese abzuführen. Es handelt sich hierbei um einen „Klassiker“ des Umsatzsteuerbetrugs.

Worin liegt das Risiko für Sie?

Lassen Sie sich auf den steuerfreien Verkauf ein, so ist dieser nur steuerfrei, wenn Sie die erforderlichen Buch- und Belegnachweise vollständig erbringen können. Hierzu zählt insbesondere die qualifizierte Prüfung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) des Käufers sowie die Einholung einer Gelangensbestätigung in Abholfällen. Liegt Betrug vor, so werden Sie diese Nachweise nicht vollständig oder gefälscht erhalten. Gegebenenfalls ist die USt-IdNr. zum Beispiel zwar gültig, gehört aber nicht zum tatsächlichen Käufer oder Sie erhalten die Gelangensbestätigung nicht. Der Fiskus verlangt dann von Ihnen die Umsatzsteuer nach, auf der Sie sitzen bleiben. Der vermeintlich gute Verkauf entpuppt sich als Flop. Viele Unternehmer:innen versuchen, sich dann auf den Vertrauensschutz zu berufen. Dieser setzt jedoch voraus, dass Sie alle Beleg- und Buchnachweise erbracht und sich sorgfältig verhalten haben.

Aktueller Fall: Vertrauensschutz trotz fehlender Gelangensbestätigung?

Der Kläger, ein Steuerberater, verkaufte seinen Mercedes Benz SL AMG über mobile.de. Hierauf meldete sich ein Herr B., der für eine rumänische Firma (Abnehmerin) auftrat. Der Kläger prüfte die USt-IdNr. der Abnehmerin und forderte von dieser einen Handelsregisterauszug an. Hieraus ergab sich, dass B. Geschäftsführer der Abnehmerin ist. Der Kläger verkaufte das Kfz nun an die Abnehmerin. Als B. das Kfz abholte, glich der Kläger die abholende Person mit dem Foto in deren Ausweis ab und kam zu dem Ergebnis, dass dies B. sei. Ferner fertigte er Kopien vom Ausweis an. Der Verkauf wurde als innergemeinschaftliche Lieferung behandelt. Bei Übergabe des Kfz händigte der Kläger B. eine Gelangensbestätigung aus, die er von der Abnehmerin jedoch, trotz mehrfacher Mahnung, nicht ausgefüllt zurückerhielt. Über entsprechende Kontrollen erfuhr das zuständige Finanzamt, dass die Abnehmerin keinen innergemeinschaftlichen Erwerb des Kfz in Rumänien angemeldet hatte und das Geschäftsmodell des B., wie oben beschrieben, der Umsatzsteuerbetrug mit Kfz war. Strittig war, ob die Lieferung des Klägers unter Berufung auf den Vertrauensschutz dennoch als steuerfrei zu behandeln ist.

Hessisches Finanzgericht lehnt Vertrauensschutz ab

Das Hessische Finanzgericht vertritt den Standpunkt des Finanzamts. Mangels Vorlage einer Gelangensbestätigung fehlt es an dem für die Gewährung des Vertrauensschutzes notwendigen vollständigen Beleg- und Buchnachweis. Nach Ansicht des Finanzgerichts ist es unerheblich, dass die Gelangensbestätigung bei Abschluss des Kaufs noch gar nicht vorliegen kann.

Vorlage an den Bundesfinanzhof

Das Verfahren ist nun beim Bundesfinanzhof anhängig. Dieser hat zu klären, ob der Vertrauensschutz nur allein deshalb zu versagen ist, weil der Käufer die Gelangensbestätigung nicht zurückschickt.

Bedeutung des Verfahrens

Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs wird nicht nur für die Betrugsfälle wichtig sein, sondern für alle innergemeinschaftlichen Lieferungen. Sollte der Bundesfinanzhof dem Finanzgericht folgen, könnten insbesondere Abholfälle höchst problematisch werden, da Sie als Lieferant den Gelangensnachweis nicht selbst erbringen können.

Wie können Sie sich vor einem solchen Betrug schützen?

Grundsätzlich sind alle erforderlichen Nachweise akribisch zu erbringen. Bei Abholfällen sind Sie jedoch, wie dargestellt, vom Wohlverhalten des Käufers abhängig. Es gibt daher z.B. Autohäuser, die komplett auf solche Verkäufe verzichten oder die Kfz selbst in die EU transportieren, um den Gelangensnachweis selbst erbringen zu können. Wollen Sie dies nicht, so können Sie eine Kaution in Höhe der Umsatzsteuer einbehalten, die erst an den Käufer ausgezahlt wird, wenn Ihnen alle notwendigen Nachweise vorliegen. Der Vorteil hieran ist auch, dass Betrüger solche Maßnahmen in der Regel ablehnen werden, sodass Sie so die Spreu vom Weizen trennen können.
Im Zweifel kontaktieren Sie unsere Expert:innen, die Sie gerne unterstützen.

Finanzgericht Hessen vom 1.7.2024 – 1 K 1247/21
Bundesfinanzhof, anhängiges Verfahren vom 20.2.2025 – V R 3/25

Gert Klöttschen

Steuerberater

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