Bundesfinanzhof bestätigt Risiko bei steuerlicher Verlustverrechnung nach Inanspruchnahme des § 6b EStG

Neutralisierung von Veräußerungsgewinnen durch Reinvestition (§ 6b EStG)

Entsteht bei der Veräußerung von Wirtschaftsgütern eines Betriebsvermögens ein Gewinn, unterliegt dieser grundsätzlich der Besteuerung. Für bestimmte Wirtschaftsgüter, insbesondere Grund und Boden sowie Gebäude, sieht die Regelung des § 6b EStG eine Ausnahme von diesem Grundsatz vor. Hiernach kann der entstandene Veräußerungsgewinn unter gewissen Voraussetzungen, insbesondere der sechsjährigen Zugehörigkeit des veräußerten Wirtschaftsguts zum betrieblichen Anlagevermögen, gestundet werden. Technisch erfolgt dies über den Abzug des Veräußerungsgewinns von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines zeitnah angeschafften Reinvestitionswirtschaftsguts („§ 6b-Übertragung“). 

Spannungsfeld von § 6b EStG und Verlustverrechnungsbeschränkung (§ 15a EStG)

Eine solche § 6b-Übertragung ist auch auf Wirtschaftsgüter eines anderen Betriebsvermögens möglich, soweit dieses dem Steuerpflichtigen, der den begünstigten Veräußerungsgewinn erzielt hat, zuzurechnen ist. In diesen Fällen führt die Minderung der Anschaffungskosten gleichzeitig zu einer Minderung des Kapitalkontos des Steuerpflichtigen im Reinvestitionsbetrieb. Handelt es sich hierbei um eine Kommanditgesellschaft, bei welcher der Steuerpflichtige haftungsbeschränkter Kommanditist ist, gelten besondere Verlustverrechnungsgrundsätze (§ 15a EStG). Der Bundesfinanzhof hat jüngst darüber entschieden, ob die durch die § 6b-Übertragung bedingte Minderung des steuerlichen Kapitalkontos dazu führen kann, dass die zukünftige steuerliche Berücksichtigung von Verlusten eingeschränkt wird. 

Minderung des Kapitalkontos durch rechtsträgerübergreifende Übertragung einer § 6b-Rücklage

Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs muss die durch eine § 6b-Übertragung bewirkte Kapitalkontenminderung für Zwecke der Verlustverrechnungsbeschränkung nach allgemeinen Grundsätzen berücksichtigt werden. In der Folge mindern § 6b-Übertragungen – wie reguläre Entnahmen – das Verlustverwertungspotential im aufnehmenden Betrieb. Der Umstand, dass der tatsächliche Wert des Kapitalkontos unvermindert bleibt, und nur eine steuerliche stille Reserve transferiert wird, stehe dem nicht entgegen. Der steuerlich vorteilhaften Berücksichtigung stiller Reserven für Zwecke der Verlustverrechnungsbeschränkung erteilte der Bundesfinanzhof eine Absage.

Sorgsame Prüfung bei der Anwendung von § 6b EStG notwendig

Die Möglichkeit steuerpflichtige Veräußerungsgewinne über ein § 6b-Übertragung zu neutralisieren und hierdurch faktisch eine Steuerstundung zu erwirken, zählt in der Praxis zu einem der beliebtesten Gestaltungsmittel des Immobiliensteuerrechts und wird es auch nach dieser Entscheidung bleiben. Gleichwohl verdeutlicht das Urteil, dass die sich hieraus ergebenden Folgewirkungen sorgsamer Analyse bedürfen. Anderenfalls drohen, wie im Urteilsfall, nachteilige Auswirkung auf die zukünftige Nutzung steuerlicher Verluste. Die im Wesentlichen für Kommanditisten geltende Verlustverrechnungsbeschränkung des § 15a EStG ist darüber hinaus auch bei atypisch stillen Gesellschaften und sonstigen haftungsbeschränkten Mitunternehmerschaften zu beachten.


BFH, Urt. v. 12.12.2024, IV R 24/22
 

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