Neues aus dem Immobiliensteuerrecht


Das Immobiliensteuerrecht ist einer der dynamischsten Teilbereiche des Steuerrechts, in denen sich institutionelle Immobilieninvestoren, aber auch private Immobilienbesitzer nahezu jährlich mit gesetzlichen Neuerungen und Änderungen konfrontiert sehen. Unsere Experten Stefan Hamacher und Justin Dieterling erklären im Interview, welche neuen Gesetze zu beachten sind und mit welchen künftigen Entwicklungen gerechnet werden kann. 

Mit dem Wachstumschancengesetz hat der Gesetzgeber neue Impulse für Investition und Innovation für den Wirtschaftsstandort Deutschland gesetzt. Welche Maßnahmen sind für den Bereich der Wohnimmobilien ergangen?

Hamacher: Mit dem Wachstumschancengesetz hat der Gesetzgeber neue Abschreibungsmöglichkeiten für vermietete Wohnimmobilien geschaffen sowie bestehende Regelungen erweitert. Neu ist beispielsweise die degressive Abschreibung (AfA) für nach dem 30.9.2023 neu hergestellte Mietobjekte. Die degressive AfA ermöglicht ein jährliches Abschreibungsvolumen in Höhe von 5 %. Anders als bei der linearen AfA wird die degressive AfA von dem jeweiligen Restbuchwert des Gebäudes bemessen. Die Regelung gilt grundsätzlich sowohl für Gebäude im Betriebsvermögen als auch im Privatvermögen. Unterschreitet die degressive AfA die lineare AfA, so ist ein Wechsel zur linearen AfA für die dann verbleibende Restnutzungsdauer möglich. In diesem Zusammenhang wurde die lineare AfA für Wohnungsneubauten auf 3 % jährlich erhöht. 

Dieterling: Durch das Wachstumschancengesetz ist auch die Sonderabschreibung für Mietwohnungsneubau reaktiviert worden. Die Förderung war ursprünglich bis Ende 2021 befristet und gilt nunmehr wieder für Neubauten, für die ein Bauantrag zwischen dem 1.1.2023 und 30.9.2029 gestellt wird. Die Sonderabschreibung kann neben der gewöhnlichen Abschreibung bis zu einem Volumen von 20 % genutzt werden, maximal 5 % verteilt auf vier Jahre. Die Begünstigung gilt für Gebäude, die die Kriterien eines „Effizienzhauses 40“ mit Nachhaltigkeits-Klasse erfüllen. Für die Förderung dürfen die Anschaffungs- und Herstellungskosten die Baukostenobergrenze von 5.200 €/m² Wohnfläche nicht überschreiten. Förderfähig sind hiervon maximal 4.000 €/m² Wohnfläche. 

Hat der Gesetzgeber auch steuerliche Anreize im Bereich der erneuerbaren Energien geschaffen?

Hamacher: Das Einkommensteuergesetz beinhaltet eine Steuerbefreiung für Einnahmen aus Photovoltaikanlagen. Begünstigt werden bislang PV-Anlagen bis zu einer Bruttonennleistung von 30 kW (peak) für Einfamilienhäuser und Gewerbeimmobilien bzw. bis 15 kW (peak) für Mehrfamilienhäuser (je Wohn- oder Gewerbeeinheit), gemischt genutzte Grundstücke und sonstige Immobilien. Durch das noch zu verabschiedende Jahressteuergesetz 2024 soll die Steuerbefreiung gebäudeartenübergreifend auf 30 kW (peak) angehoben werden. Die Änderungen gelten für PV-Anlagen mit Anschaffungsdatum ab 2025. Werden mehrere PV-Anlagen betrieben, ist eine Höchstgrenze von 100 kW (peak) pro Steuerpflichtigen oder Mitunternehmerschaft zu beachten. 

Dieterling: Interessant ist in diesem Zusammenhang die steuerliche Infektionsregelung. Erzielt eine vermögensverwaltende Personengesellschaft neben ihren Vermietungseinkünften auch gewerbliche Einkünfte, gelten die Einkünfte insgesamt als gewerbliche Einkünfte. Das gilt im Grundsatz auch für Einkünfte aus einer PV-Anlage, die gewerblichen Charakter entfalten. Deren Abfärbewirkung ist durch den Gesetzgeber jedoch ausdrücklich verneint worden, sodass bloße Vermietungseinkünfte neben dem Betreiben einer PV-Anlage nicht einfach in Einkünfte aus Gewerbebetrieb umqualifiziert werden können. Der Förderung von erneuerbaren Energien sollen insoweit keine steuerlichen Hürden entgegenstehen. Vor diesem Hintergrund ist auch für grundbesitzverwaltende Unternehmen, die von der erweiterten Gewerbesteuerkürzung Gebrauch machen, die Schwelle kürzungsunschädlicher Einnahmen aus PV-Anlagen von 10 auf 20 % erhöht worden. 

Immobilientransaktionen sind nicht selten Gegenstand von Umstrukturierungsmaßnahmen. Kursieren in diesem Bereich aktuelle Entwicklungen?

Hamacher: Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss von November 2023 die Umstrukturierungsnorm des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG für unvereinbar mit dem Gleichheitsgrundsatz erklärt. Die Umstrukturierungsnorm begünstigt nach der derzeitigen Gesetzeslage den steuerneutralen Wirtschaftsguttransfer (z.B. von Grundstücken) zwischen Personengesellschaft und Gesellschafter sowie zwischen den Gesellschaftern untereinander. Als vergleichbarer Fall war der Transfer zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften bislang nicht von der Möglichkeit einer Steuerneutralität erfasst und von der Finanzverwaltung stets abgelehnt worden. 

Dieterling: Aufgrund der Verfassungswidrigkeit ist der Gesetzgeber nun zu einer verfassungskonformen Neuregelung verpflichtet worden, die bereits rückwirkend ab dem Jahr 2001 zu treffen ist. Durch das Jahressteuergesetz 2024 soll nun ein weiterer Transfertatbestand eingeführt werden, der die unentgeltliche Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften steuerneutral ermöglichen soll. Die Übertragung gegen Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten sowie zwischen nicht beteiligungsidentischen Personengesellschaften soll weiterhin nicht begünstigt sein. Insoweit sind Gestaltungsmaßnahmen zu ergreifen, die für Grundstücke regelmäßig über eine Rücklagenbildung nach § 6b EStG erreicht werden können. 

Wie sehen die aktuellen Entwicklungen im Grunderwerbsteuerrecht aus?

Hamacher: Gegen Ende des Jahres 2023 hat sich im Grunderwerbsteuerrecht eine Eigendynamik rund um die Privilegierung von grundbesitzenden Personengesellschaften ergeben. Aufgrund von Änderungen des Personengesellschaftsrechts war lange Zeit unklar, ob Übertragungen von Grundbesitz oder von Anteilen an grundbesitzenden Personengesellschaften auf einen Gesellschafter, von einem Gesellschafter oder zwischen verschiedenen Personengesellschaften weiterhin begünstigt sein würden. An der Privilegierung für Personengesellschaften soll vorerst festgehalten werden. Hierzu gelten Übergangsregelungen, befristet bis zum 31.12.2026. Ab dem Jahr 2027 soll das Grunderwerbsteuergesetz dann grundlegend neu reformiert werden. 

Dieterling: Mithilfe des Jahressteuergesetzes 2024 soll zudem eine Regelung zur grunderwerbsteuerlichen Zurechnung von Grundbesitz eingeführt werden. Hiernach muss ein Grundstück für die Verwirklichung eines steuerlichen Tatbestands nicht zwingend dem zivilrechtlichen oder wirtschaftlichen Eigentümer zuzurechnen sein, sondern diesem für grunderwerbsteuerliche Zwecke „gehören“. Rechtsprechung und Finanzverwaltung haben die Grundsätze zur grunderwerbsteuerlichen Zurechnung von Grundstücken zwar konturiert, jedoch ließ sich eine Definition bislang nicht gesetzlich ableiten. Dies soll durch das Jahressteuergesetz 2024 nun konkretisiert werden. 

Was ist zusammenfassend aus Ihrer Sicht für Immobilienbesitzer aktuell besonders wichtig?

Hamacher: Im Bereich der Gestaltungsberatung und Unternehmensnachfolge verschafft uns insbesondere die weiterhin anhaltende grunderwerbsteuerliche Privilegierung von Personengesellschaften beachtliche Vorteile. Ob die Privilegierung über 2026 hinaus erhalten bleibt, ist derzeit mehr als fraglich. Die Entwicklungen in diesem Bereich gilt es weiterhin zu verfolgen, um auf Gesetzesänderungen frühzeitig reagieren zu können. 

Dieterling: Für die Bereiche des Mietwohnungsneubaus und der Investition in PV-Anlagen existieren steuerliche Anreize. Die Förderungen sind sowohl für den privaten Immobilienbesitzer als auch für den institutionellen Immobilieninvestor interessant. Wie so oft ergeben sich auch steuerliche Fallstricke, die es zu vermeiden gilt. Zu sämtlichen Themen und Fragen des Immobiliensteuerrechts beraten wir Sie gerne. 

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Stefan Hamacher, LL.M.

Steuerberater, Fachberater für Internationales Steuerrecht

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Justin Dieterling, LL.M.

Steuerberater

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