Rechtssicherheit für Reiseveranstalter bei der Gewerbesteuer
Kernaussage
Ein Rechtsstreit schwebte seit Änderung des Gewerbesteuergesetzes im Jahr 2008 wie ein Damoklesschwert über den Köpfen der Reiseveranstalter. Die gewerbesteuerlichen Vorschriften sehen vor, dass die bei Ermittlung des einkommen- bzw. körperschaftsteuerrechtlichen Gewinns als Betriebsausgaben berücksichtigten Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) teilweise dem Gewinn wieder hinzugerechnet werden. Das betrifft Wirtschaftsgüter des unbeweglichen und beweglichen Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, also in der Praxis häufig Mietaufwendungen für die Betriebsimmobilie oder Leasingraten für Betriebs- und Geschäftsausstattung. Die Finanzverwaltung war bisher der Auffassung, dass auch die Entgelte der Reiseveranstalter für die Überlassung von Hotelzimmern hinzuzurechnen seien, sodass angesichts der enormen Höhe solcher Aufwendungen manchen Veranstalter ein ähnliches Schicksal hätte ereilen können wie Thomas Cook.
Sachverhalt
Eine Reiseveranstaltungs-GmbH organisierte Pauschalreisen und schloss zu diesem Zweck mit anderen Leistungsträgern im In- und Ausland Verträge über typische Reisevorleistungen, insbesondere Übernachtungen, Personenbeförderungen, Verpflegungen, Betreuungen und Aktivitäten im Zielgebiet. In der Gewerbesteuererklärung nahm die Gesellschaft lediglich Hinzurechnungen für die angemieteten Geschäftsräume vor. Das Finanzamt war nach einer Betriebsprüfung der Auffassung, dass nicht insgesamt eine Hotelleistung „eingekauft“ werde, sondern ein Teil des an die Hoteliers bezahlten Entgelts auf die Anmietung von Hotelzimmern entfalle, und erhöhte den Gewerbeertrag. Eine Klage vor dem Finanzgericht blieb erfolglos.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof sah die Revision als begründet an, denn die Hinzurechnung setze voraus, dass die gemieteten oder gepachteten Wirtschaftsgüter bei fiktiver Betrachtung Anlagevermögen des Steuerpflichtigen wären, wenn sie in seinem Eigentum stünden. Das verneinten die Richter jedoch, da bei einer nur kurzfristigen Überlassung der Hotelzimmer auch nur eine entsprechend kurzfristige Eigentümerstellung der Veranstalterin zu unterstellen sei. Zudem müsste der konkrete Geschäftsgegenstand des Unternehmens und die betrieblichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen Berücksichtigung finden, sodass entscheidend sei, dass das Geschäftsmodell eines Reiseveranstalters wie im Streitfall typischerweise keine langfristige Nutzung der von den Hoteliers überlassenen Wirtschaftsgüter erfordere. Vielmehr diene die nur zeitlich begrenzte Nutzung der Wirtschaftsgüter dem Bedürfnis des Reiseveranstalters, sich ständig an Markterfordernisse, die dem Wandel unterliegen (wie z.B. veränderte Kundenwünsche oder veränderte Verhältnisse am Zielort der Reise), anpassen zu können.
Konsequenz
Reiseveranstalter dürfen durch die Entscheidung des Bundesfinanzhofs (zumindest unter steuerlichen Gesichtspunkten) erst einmal aufatmen. Auch andere Branchen könnten betroffen sein und ihre Aufwendungen unter Anwendung der Grundsätze des Urteils neu bewerten.