Rechtsprechung zur finanziellen Eingliederung bei ertragsteuerlichen Organschaftsverhältnissen
Bundesfinanzhof schafft Klarheit
Der Bundesfinanzhof hat in einem jüngst ergangenen Urteil entschieden, dass im Fall der Verschmelzung einer Kapital- auf eine Personengesellschaft der übernehmende Rechtsträger als („neuer“) Organträger das Merkmal der finanziellen Eingliederung des übertragenden Rechtsträgers auch dann fortführt, wenn sich der umwandlungssteuerliche Übertragungsstichtag nicht auf den Beginn des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft zurückbezieht.
Notwendige Voraussetzungen für ertragsteuerliche Organschaften
Eine ertragsteuerliche Organschaft erfordert in jedem Fall den Abschluss und die tatsächliche Durchführung eines mindestens über fünf Jahre geltenden Ergebnisabführungsvertrags. Ferner muss der Organträger an der Organgesellschaft vom Beginn ihres Wirtschaftsjahres an ununterbrochen in einem solchen Maße beteiligt sein, dass ihm die Mehrheit der Stimmrechte aus den Anteilen an der Organgesellschaft zusteht (finanzielle Eingliederung).
Im Streitfall bestand zwischen der A-GmbH als Organgesellschaft und der B-GmbH als Organträgerin eine ertragsteuerliche Organschaft. Nachdem die Anteile an der B-GmbH an eine bislang nicht beteiligte Personengesellschaft veräußert worden waren, wurde die B-GmbH mit steuerlicher Rückwirkung zum 1.4.2015 auf die erwerbende Personengesellschaft verschmolzen.
Im Rahmen der Steuerdeklaration wurde das Einkommen der A-GmbH nach den Grundsätzen einer ertragsteuerlichen Organschaft vollumfänglich der Personengesellschaft als „neuer“ Organträgerin zugerechnet. Die Finanzverwaltung versagte jedoch die ertragsteuerliche Organschaft vor dem Hintergrund, dass die Personengesellschaft als „neue“ Organträgerin die Voraussetzungen der finanziellen Eingliederung nicht während des gesamten Wirtschaftsjahres der A-GmbH (Kalenderjahr 2015) erfüllt habe. Dagegen klagte die A-GmbH erfolgreich beim Hessischen Finanzgericht.
Bundesfinanzhof wies die Revision zurück
Der Bundesfinanzhof wies die Revision der Finanzverwaltung zurück und sah das Merkmal der finanziellen Eingliederung als erfüllt an. Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs werden in Umwandlungsfällen die Regelungen zur ertragsteuerlichen Organschaft durch die umwandlungssteuerrechtlichen Vorschriften ergänzt. Maßgebend sei demnach nicht der steuerliche Umwandlungsstichtag (hier: 1.4.2015), sondern die im Umwandlungssteuergesetz (UmwStG) normierten Spezialregelungen wie etwa § 4 Abs. 2 Satz 1 UmwStG, nach denen der übernehmende Rechtsträger in die steuerliche Rechtsstellung des übertragenden Rechtsträgers eintritt (sog. Fußstapfentheorie). Aufgrund dieses umfassenden Eintritts in die Rechtsstellung habe die übernehmende Personengesellschaft als „neue“ Organträgerin auch das Merkmal der finanziellen Eingliederung der B-GmbH an der A-GmbH fortzuführen.
Abschließende Hinweise
Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs ist zu begrüßen und verschafft insbesondere im Bereich der Steuergestaltungsberatung und Umstrukturierung die erforderliche Rechtssicherheit. Mit dem ergangenen Urteil sind taggleich auch noch drei weitere, teils inhaltsgleiche Urteile zu vorgenannter Problematik veröffentlicht worden (Bundesfinanzhof, Urteile vom 11.7.2023: I R 45/20, I R 36/20, I R 40/20).
Bundesfinanzhof, Urteil vom 11.7.2023 – I R 21/20