Wie Pillar Two die Behandlung aktiver latenter Steuern neu definiert
Warum ist das Thema jetzt aktuell?
Das Jahr 2024 ist kein gewöhnliches Geschäftsjahr, denn es markiert den offiziellen Startschuss der internationalen Mindestbesteuerung für große Unternehmensgruppen mit einem konsolidierten Umsatz von mehr als 750 Mio. €. Dieses sogenannte Übergangsjahr ist entscheidend, denn ab sofort wird die effektive Steuerbelastung auf Basis der Rechnungslegungsdaten unter Einbeziehung latenter Steuern bewertet. Was viele Unternehmen jetzt wissen müssen: Nur jene latenten Steuern, die zu Beginn dieses Jahres bereits in der Bilanz angesetzt wurden, können später bei der Ermittlung der Mindeststeuer berücksichtigt werden. Das macht die aktuelle Phase zu einem strategisch wichtigen Zeitpunkt, der keine Fehler verzeiht.
Handelsrechtliche Wahlfreiheit unter neuem Licht
Das HGB bietet bilanzierenden Unternehmen nach § 274 Abs. 1 Satz 2 Handelsgesetzbuch (HGB) ein Wahlrecht zur Aktivierung eines Überhangs aktiver latenter Steuern. Diese Option, einst flexibel handhabbar, wird durch die internationale Mindestbesteuerung zu einer zwingenden strategischen Überlegung. Der Grund: Nur aktive latente Steuern, die zu Beginn des Übergangsjahres angesetzt wurden, können später zur mindeststeuerwirksamen Gegenrechnung von Steueraufwendungen herangezogen werden. Eine verpasste Aktivierung könnte sich also direkt in einem geringeren effektiven Steuersatz und in einer höheren Steuerlast niederschlagen.
Ansatzstetigkeit: Flexibilität in Zeiten des Wandels?
Ein zentraler Punkt, der viele Unternehmen in Bezug auf latente Steuern beschäftigt, ist die Ansatzstetigkeit. Darf ein Unternehmen, das bisher keine aktiven latenten Steuern angesetzt hat, diese im Übergangsjahr erstmals aktivieren? Oder ist eine spätere Anpassung mit § 246 Abs. 3 HGB überhaupt vereinbar? Diese Fragen sind entscheidend für die Bilanzierung. Der Fachausschuss Unternehmensberichterstattung (FAB) des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) hat hierzu am 13.2.2025 eine wichtige Klarstellung getroffen: Angesichts der neuen gesetzlichen Anforderungen durch die Mindestbesteuerung liegt ein Ausnahmefall vor, der eine Durchbrechung der Ansatzstetigkeit rechtfertigt. Das schafft für Unternehmen den nötigen Spielraum, auf die neuen Gegebenheiten zu reagieren.
Was plant der Gesetzgeber?
Die internationale Mindestbesteuerung entwickelt sich dynamisch weiter und auch der deutsche Gesetzgeber reagiert fortlaufend auf die Komplexität der neuen Regeln. In den aktuellen Diskussionsentwürfen zum Mindeststeueranpassungsgesetz (MinStAnpG) – wie dem zweiten Entwurf vom 6.12.2024 (Blogbeitrag vom 8. Januar 2025) – steht die Berücksichtigung aktiver latenter Steuern im Fokus. Geplant ist, dass ein Überhang aktiver latenter Steuern bei der Ermittlung der Mindeststeuer berücksichtigt werden darf, selbst wenn er lediglich im Anhang angegeben, aber nicht in der Bilanz angesetzt wurde. Ob und gegebenenfalls wann diese Regelung Gesetz wird, ist derzeit noch ungewiss.
Diese Entwicklung wird von führenden Rechnungslegungsinstanzen genau beobachtet. Die Fachwelt diskutiert intensiv, ob die geplanten Regelungen tatsächlich ausreichend Rechtssicherheit schaffen, insbesondere im Hinblick auf die strengen Anforderungen des sogenannten CbCR-Safe-Harbour. Hier sind weitere Präzisierungen und Klarstellungen aus der internationalen und nationalen Gesetzgebung zu erwarten, um die Praktikabilität für Unternehmen sicherzustellen.
Was sollten Unternehmen jetzt tun?
Angesichts der unmittelbaren Geltung der internationalen Mindestbesteuerung und der Komplexität rund um die latenten Steuern ist proaktives Handeln jetzt unerlässlich. Unternehmen sollten zunächst ihre Betroffenheit klären und die genauen Auswirkungen auf ihre Konzernstruktur analysieren. Parallel dazu gilt es, die Datenbeschaffung und die IT-Systeme so anzupassen, dass alle für die GloBE-Berechnung benötigten Informationen bereitgestellt werden können – eine oft unterschätzte Aufgabe. Eine fundierte Entscheidung über die Aktivierung aktiver latenter Steuern im Übergangsjahr muss zeitnah getroffen und sorgfältig dokumentiert werden, da dies weitreichende Auswirkungen auf die Mindeststeuerbelastung haben kann. Nicht zuletzt sollten interne Prozesse und Zuständigkeiten klar definiert und die Finanzberichterstattung entsprechend angepasst werden, um Transparenz zu schaffen und Compliance-Risiken zu minimieren. Wer jetzt die Weichen stellt, kann nicht nur Strafen vermeiden, sondern auch strategische Vorteile in der neuen Steuerwelt sichern.
Fazit: Jetzt handeln – die Steuerlandschaft wandelt sich
Die internationale Mindestbesteuerung stellt eine grundlegende Veränderung für die betroffenen Unternehmensgruppen dar. Besonders die Behandlung aktiver latenter Steuern für nach HGB bilanzierende Konzerne ist ein zentraler Aspekt dieser Neuerung. Es ist entscheidend, die dynamischen Entwicklungen im Blick zu behalten und die Weichen jetzt richtig zu stellen. Nur wer die Komplexität versteht und proaktiv handelt, kann die Herausforderungen meistern und die eigene Finanzposition zukunftssicher aufstellen.
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