Online-Gaming: Steuerpflicht für Donations
Hintergrund
Streamer generieren ihre Einnahmen aus diversen Quellen, z.B. aus Werbung oder aus Abos, die von den Zuschauer:innen abgeschlossen wurden (Subs). Eine weitere Einnahmequelle sind die sogenannten Donations. Dies sind freiwillige Zahlungen der Zuschauer:innen an die Streamer.
Unterliegen Donations der Umsatzsteuer?
Der Kläger mit inländischem Wohnsitz betrieb einen Streamingkanal. Zuschauer:innen konnten den Stream abrufen und so insbesondere die Games des Klägers verfolgen. Auf der Website des Klägers befanden sich weitere Panels. Durch das Anklicken des Panels „Subscribers“ hatten die Zuschauer:innen die Möglichkeit, ein Abonnement für den Stream abzuschließen. Hierdurch konnten sie z.B. eigene Emoticons des Klägers nutzen. Durch das Anklicken des Panels „Donation“ hatten die Zuschauer:innen die Möglichkeit, Geldbeträge an den Kläger zu übermitteln, unabhängig vom Bestehen eines Abonnements. Strittig war nun, ob die Einnahmen des Klägers aus den Donations der Umsatzsteuer unterliegen.
Zahlungen stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit Unterhaltungsleistung
Laut Finanzgericht stellen die Streamingleistungen des Klägers Unterhaltungsleistungen an seine Zuschauer:innen dar. Sie unterliegen daher der Umsatzsteuer. Das Finanzgericht begründet dies wie folgt: Der Kläger erbringt Unterhaltungsleistungen. Auch Zuschauer:innen, die freiwillig Donations zahlen, sind identifizierbare Leistungsempfänger:innen dieser Streamingleistungen. Deren Zahlung ist kausal auf die Unterhaltungsleistung des Klägers zurückzuführen. Deshalb ist die Zahlung der Donations auch nicht mit Spenden von Passant:innen an Straßenmusiker:innen zu vergleichen, die laut Europäischem Gerichtshof (EuGH) nicht steuerbar sind. Denn im Gegensatz zu Passant:innen auf der Straße, die den Straßenmusiker:innen zufällig begegnen, suchen die Zuschauer:innen gezielt den Stream des Klägers auf. Ebenso steht die Freiwilligkeit der Zahlungen nicht der Annahme eines steuerpflichtigen Leistungsaustauschs entgegen, sofern eine innere Verknüpfung zwischen Zahlung und Leistung besteht.
Umsatzsteuerrecht kommt an seine Grenzen
Das primär auf analoge Leistungsbeziehungen ausgerichtete Umsatzsteuerrecht bereitet erhebliche Probleme, wenn es darum geht, Geschäftsmodelle in der digitalen Welt zu beurteilen. Einschlägige Rechtsprechung fehlt bisher. Die Auffassungen in der Literatur zur Behandlung derartiger Sachverhalte sind uneinheitlich. Zudem bereiten „freiwillige Zahlungen“, z.B. Zuschüsse und Spenden, auch in der analogen Welt erhebliche Probleme hinsichtlich der Frage: Entgelt oder kein Entgelt? Unseres Erachtens ist die Begründung des Finanzgerichts zu hinterfragen. Denn besteht tatsächlich ein Unterschied zwischen dem Aufsuchen eines Streams und dem Zuhören der Darbietung eines Straßenmusikers? Denn auch im Internet gelangen Zuschauer:innen zufällig beim Surfen auf Streamer und entscheiden, ob sie diesem folgen wollen. Genauso kann jeder Passant entscheiden, ob er einem Straßenmusiker zuhören möchte oder daran vorbeigeht. Allerdings ist zu beachten, dass das Finanzgericht offengelassen hat, ob die Reaktion des Streamers auf die Donation, z.B. das Vorlesen des Spenders, nicht selbst als steuerpflichtige Gegenleistung für die Donation anzusehen ist. Leider ist das Urteil bestandskräftig, sodass weiter auf eine höchstrichterliche Entscheidung zu warten ist. Streamer sollten nun prüfen, ob für sie aus dem Urteil Handlungsbedarf entsteht. Sei es hinsichtlich der Frage der zutreffenden Deklaration solcher Umsätze oder möglicher Rechtsbehelfe bzw. Klagen gegen die Festsetzung von Umsatzsteuer hierfür. Hierbei ist auch zu beachten, dass diese Leistungen über elektronische Plattformen erbracht werden, die gegebenenfalls selbst als „elektronische Schnittstelle“ Teil einer fiktiven Leistungskette zwischen Streamer, Plattform und Zuschauer:in sein können. Unsere Expert:innen helfen Ihnen gerne weiter.
Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 4.3.2022 – 1 K 2812/19