Nachträgliche Anschaffungskosten bei Gesellschaftereinlage im Krisenfall

Paradigmenwechsel bei eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen

Der Bundesfinanzhof vertritt die Auffassung, dass Aufwendungen eines Gesellschafters für Darlehen an bzw. Bürgschaften für seine GmbH bei Ausfall aufgrund der Aufhebung des Eigenkapitalersatzrechts durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom 3.10.2008 steuerlich nicht mehr als nachträgliche Anschaffungskosten abzugsfähig sind. Solche lägen nur noch in Ausnahmefällen vor, wenn die Finanzierungshilfen nach der handelsrechtlichen Definition als Anschaffungskosten zu bewerten seien, weil es sich steuerbilanziell um Einlagen in das Vermögen der GmbH handelt. In zwei inhaltsgleichen Urteilen vom 20.7.2018 hat der Bundesfinanzhof nun über die Höhe der  nachträglichen Anschaffungskosten bei einer Gesellschaftereinlage zur Vermeidung der Bürgschaftsinanspruchnahme entschieden (siehe dazu auch dhpg Blog-Beitrag vom 1.12.2017).

Einzahlung in Kapitalrücklage zwecks Vermeidung Bürgschaftsinanspruchnahme

Die Brüder E., D., L. und F. waren an der A-GmbH beteiligt. Bereits vor ihrem Eintritt als Gesellschafter hatten die Kläger (E. und D.) Bürgschaften für Verbindlichkeiten der A-GmbH gegenüber der Bank übernommen. Nach hohen Verlusten in den Jahren 2008 und 2009 stellte die A-GmbH zum Ende des Jahres 2009 ihren Geschäftsbetrieb mit Veräußerung ihres Vermögens ein. Im Laufe des Jahres 2010 leisteten die Brüder Zuführungen in die Kapitalrücklage der A-GmbH zwecks Vermeidung einer Liquidation. Die Bank stellte Ende 2010 einen Teilverzicht auf ihre gegenüber der A-GmbH bestehenden Forderungen in Aussicht, woraufhin die A-GmbH an die Bank den verbliebenen Betrag zahlte. Anschließend veräußerten die Brüder ihre Anteile an der A-GmbH zu einem Kaufpreis von 0 €. In ihren Einkommensteuererklärungen für das Jahr 2010 machten die Kläger einen Veräußerungsverlust nach § 17 EStG in Höhe ihres Anteils an der Stammeinlage und den nachträglichen Anschaffungskosten aus der Kapitalzuführung geltend. Die
Finanzverwaltung berücksichtigte demgegenüber lediglich den Verlust der eingezahlten Stammeinlage.

Nachträgliche Anschaffungskosten auf GmbH-Beteiligung

Der Bundesfinanzhof wendet sein neues Rechtsverständnis im Sinne der Kläger konsequent an und verweist auf die handels- und bilanzsteuerrechtlichen Grundsätze. Danach führen u.a. auch freiwillige und ohne Gewährung von Vorzügen seitens der Kapitalgesellschaft erbrachte Einzahlungen in die Kapitalrücklage, wie sie die Kläger in den Streitfällen geleistet hatten, zu achträglichen Anschaffungskosten auf die Beteiligung. Der steuerrechtlichen Anerkennung stehe nicht entgegen, dass die der Kapitalrücklage zugeführten Mittel von der A-GmbH gerade dazu verwendet wurden, jene betrieblichen Verbindlichkeiten zu begleichen, für die die Gesellschafter gegenüber der Gläubigerbank Sicherheiten gewährt hatten. Ein Gestaltungsmissbrauch im Sinne des § 42 AO sei hierin – abweichend von der Meinung des Bundesministeriums der Finanzen – nicht zu sehen, da die Ausstattung einer Gesellschaft mit Eigenkapital nicht den Wertungen des Gesellschaftsrechts widerspreche.

Gestaltung von Finanzierungshilfen

Das Urteil ist für die steuerliche Gestaltung von Finanzierungshilfen an in der Krise befindlichen Kapitalgesellschaften von positiver, erheblicher Bedeutung.

Stefan Hamacher, LL.M.

Steuerberater, Fachberater für Internationales Steuerrecht

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