Muss die USt-IdNr. bei jedem Umsatz geprüft werden?

Rechtliche Grundlagen

Seit dem 1.1.2020 ist die Verwendung einer im Zeitpunkt der Lieferung gültigen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) materielle Voraussetzung für die Gewährung der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen. Die Gültigkeit der verwendeten USt-IdNr. kann durch Einholung einer qualifizierten Bestätigung über das Portal des Bundeszentralamts für Steuern (BZSt) verifiziert werden.

Vertrauensschutz aufgrund regelmäßiger Prüfung?

Der Bundesfinanzhof musste zu folgendem Fall über die Zulassung der Revision entscheiden: Der Kläger ist Autohändler. Er lieferte von Dezember 2021 bis Februar 2022 mehrere Kfz an einen Kunden in den Niederlanden. Vor dem erstmaligen Verkauf ließ sich der Kläger von seinem Kunden den Handelsregisterauszug, die Urkunde über die Erteilung der USt-IdNr. in den Niederlanden sowie eine Kopie des Personalausweises des Geschäftsführers vorlegen. Im genannten Zeitraum verkaufte der Kläger fünf Kfz an den Kunden. Die Abwicklung erfolgte identisch: Ein Beauftragter des Kunden holte die Kfz ab. Hierbei legte der Beauftragte seinen Personalausweis sowie eine schriftliche Vollmacht des Kunden vor. Der Kläger behielt eine Kopie des Personalausweises des Beauftragten ein, prüfte die USt-IdNr. des Kunden (qualifizierte Bestätigungsabfrage, zuletzt am 3.2.2022) und erhielt vom Kunden Gelangensbestätigungen zu den Kfz-Lieferungen.

Der Kläger behandelte diese Lieferungen als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen.

Am 15.2.2022 verkaufte der Kläger weitere drei Fahrzeuge an den Kunden. Die Abwicklung erfolgte wie zuvor dargestellt, mit der Ausnahme, dass der Kläger diesmal die USt-IdNr. nicht prüfte. Vor einem weiteren Verkauf am 14.3.2022 fragte der Kläger wiederum die USt-IdNr. ab. Da die Bestätigungsanfrage negativ ausfiel, verkaufte der Kläger keine weiteren Kfz mehr an seinen Kunden. Im Rahmen einer Umsatzsteuersonderprüfung stellte das Finanzamt fest, dass die USt-IdNr. des niederländischen Kunden zum 9.2.2022 gelöscht worden war. Da der Kläger für die drei Lieferungen vom 15.2.2022 keine Bestätigungsabfrage vorlegen konnte, wurde ihm die Steuerbefreiung für diese Lieferungen versagt.

Hiergegen klagte der Autohändler. Er räumte ein, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Steuerbefreiung der Lieferungen mangels gültiger USt-IdNr. nicht gänzlich erfüllt sind. Allerdings hielt er dies im Hinblick auf die Gewährung der Steuerbefreiung für unerheblich, da er nicht verpflichtet gewesen sei, die USt-IdNr. am 15.2.2022 erneut zu prüfen, nachdem er diese zuletzt am 3.2.2022 geprüft hatte. Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung müsse er nicht vor jeder Lieferung die USt-IdNr. seiner Kunden qualifiziert prüfen. Eine solche Pflicht würde gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen. Nur bei begründeten Zweifeln erfordere es die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns, die Angaben des Kunden zu verifizieren.

Finanzgericht gewährt Vertrauensschutz

Das Finanzgericht Baden-Württemberg stellt zunächst fest, dass die Voraussetzungen für eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung nicht vorliegen, da der Kunde keine gültige USt-IdNr. gegenüber dem Kläger verwendet hat. Allerdings hat der Kläger nach Ansicht des Finanzgerichts die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns beachtet, sodass ihm Vertrauensschutz zu gewähren ist und die Lieferungen steuerfrei bleiben.

Bundesfinanzhof lässt die Revision zu

Der Bundesfinanzhof lässt die Revision zu, um zu klären, welche Bedeutung der Verwendung einer gültigen USt-IdNr. und ihrer Bestätigungsanfrage im Hinblick auf die Steuerbefreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen sowie der Gewährung des Vertrauensschutzes zukommt.

Konsequenzen: Entscheidung mit erheblicher Praxisrelevanz zu erwarten

Schon die Hinweise des Urteils des Finanzgerichts zur Rechtslage zeigen, dass die Auffassungen zur obigen Problematik vollkommen uneinheitlich sind. Die Finanzverwaltung gewährt keinen Vertrauensschutz, wenn nicht bei jedem Umsatz eine Prüfung der USt-IdNr. erfolgt. Die Rechtsprechung hält dies dagegen für möglich, wobei diese aber keine eindeutige Orientierung bietet, wie oft bzw. in welchem Rhythmus die Prüfung der USt-IdNr. zu erfolgen hat. Entsprechend galt daher bisher für Sie, dass Sie im Zeitpunkt eines jeden Umsatzes eine Prüfung vornehmen müssen, wenn Sie sichergehen wollen, dass Ihnen die Steuerbefreiung gewährt wird. Derartige Empfehlungen sorgen in der Praxis nicht unbedingt für Begeisterung. 
Es ist daher zu hoffen, dass der Bundesfinanzhof nun grundsätzlich klärt, wie vorzugehen ist, um die Steuerbefreiung bzw. den Vertrauensschutz zu erhalten. Selbst wenn er der Auffassung der Finanzverwaltung folgen sollte, wäre dies besser als der unsichere Status quo. 

Wir werden Sie informieren, sobald der Bundesfinanzhof seine Entscheidung trifft.

Bundesfinanzhof, Beschluss vom 15.9.2025 – 7 V B 25/25
Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 3.4.2025 – 12 K 831/24

Gert Klöttschen

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