Automatisches Fortwirken einer Befreiung des Geschäftsführers vom Verbot des Insichgeschäfts für den Liquidator?
Kernaussage
Die in der Satzung einer Gesellschaft bestimmte Befreiung des Geschäftsführers vom Verbot des Insichgeschäfts wirkt nicht automatisch für den Liquidator der Gesellschaft fort und zwar auch dann nicht, wenn dieser Liquidator vorher der Geschäftsführer der Gesellschaft war (sogenannte „geborener“ Liquidator). Für eine punktuelle Befreiung von diesen Beschränkungen bedarf es jedoch keiner entsprechenden Satzungsbestimmung. Ein Gesellschafterbeschluss genügt.
Sachverhalt
Der Geschäftsführer einer UG (haftungsbeschränkt) hat in Ausübung seiner Position einen Pachtvertrag über die Betriebsverpachtung einer Physiotherapiepraxis abgeschlossen. In seiner Eigenschaft als Geschäftsführer war er aufgrund des Gründungsprotokolls vollumfänglich vom Verbot der Vornahme eines Insichgeschäfts befreit. Eine solche Regelung war für einen Liquidator nicht vorhanden. Nachdem das Pachtverhältnis beendet wurde, verblieben noch Forderungen der UG (haftungsbeschränkt) gegenüber der Verpächterin. Einige Zeit später wurde die UG (haftungsbeschränkt) liquidiert, wobei der ehemalige Geschäftsführer zum Liquidator bestellt wurde. Durch einen Gesellschafterbeschluss wurde der Liquidator konkret für die Abtretung der noch ausstehenden Forderungen der UG (haftungsbeschränkt) in Liquidation an sich selbst und für die Geltendmachung im eigenen Namen von dem Verbot des Insichgeschäfts punktuell befreit. Eine entsprechende Satzungsbestimmung oder -änderung lag nicht vor, auch wurde die Befreiung nicht in das Handelsregister eingetragen. Anschließend trat der Liquidator der UG (haftungsbeschränkt) in dieser Eigenschaft die noch ausstehenden Forderungen an sich selbst ab. In einem sich anschließenden Klageverfahren zwischen dem Liquidator und der Verpächterin sprach das Landgericht Cottbus dem Liquidator bereits ab, überhaupt diese Forderungen gegenüber der Verpächterin innezuhaben, da er nicht wirksam von dem Verbot des Insichgeschäfts befreit gewesen und die Forderungsabtretung folglich nicht wirksam vorgenommen worden sei. Dies begründete das Gericht mit der fehlenden Handelsregistereintragung der Befreiung von diesem Verbot. Dieser Auffassung folgte das Oberlandesgericht Brandenburg jedoch nicht.
Entscheidung
Die Forderungsabtretung war wirksam erfolgt, da der Liquidator entgegen der Annahme des Landgerichts durch den Gesellschafterbeschluss wirksam vom Verbot der Vornahme des Insichgeschäfts befreit war. Die Richter stellten fest, dass die Befreiung des Verbots für einen Geschäftsführer nicht auch automatisch für den Liquidator gilt und zwar selbst dann nicht, wenn es sich um einen geborenen Liquidator handelte. Es kommt bei der Frage, ob eine Befreiung durch bloßen Gesellschafterbeschluss und ohne Satzungsbestimmung wirksam erfolgen kann, darauf an, ob es sich um eine generelle Befreiung handelt oder ob die Befreiung nur punktuell für konkrete Geschäfte gelten soll. Nach Auffassung der Rechtsprechung muss eine generelle Befreiung des Liquidators entweder bereits in der Satzung vorgesehen sein oder durch formwirksame Satzungsänderung gestattet werden. Bei einer nur punktuellen Befreiung – wie vorliegend der Fall – ist jedoch ein bloßer Gesellschafterbeschluss ausreichend. Hier muss auch keine Eintragung ins Handelsregister erfolgen, weil die Befreiung nur genau bestimmte Rechtsgeschäfte betrifft und der vom Handelsregister bezweckte Schutz des Rechtsverkehrs auch ohne Eintragung gewährleistet ist.
Konsequenz
Es ist zu beachten, dass die vollumfängliche Befreiung vom Verbot eines Insichgeschäfts für den Geschäftsführer nicht auch ohne Weiteres auch für den Liquidator gilt. Sofern eine solche generelle Befreiung auch für den Liquidator gewünscht wird, sollte sie von vornherein in der Satzung verankert werden, da es ansonsten einer – kostenauslösenden – Satzungsänderung bedarf. Falls nur eine punktuelle Befreiung für einzelne Geschäfte gewünscht bzw. erforderlich ist, reicht jedoch ein schlichter Gesellschafterbeschluss aus.