Erstausbildungskosten bleiben steuerlich „nur“ Sonderausgaben

Kernaussage

Das Einkommensteuergesetz nimmt Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, generell von dem Begriff der Werbungskosten aus. Es ist bestimmt, dass diese Aufwendungen in keinem Fall beruflich veranlasst und damit weder unbeschränkt abzugsfähig sind noch als negative Einkünfte in andere Veranlagungszeiträume zurück- oder vorgetragen werden können. Damit wird die Möglichkeit genommen, die Kosten in den Jahren der Erstausbildung oder des Erststudiums steuerlich anzusammeln und im ersten Verdienstjahr anrechnen zu lassen. Stattdessen mindern sie lediglich als Sonderausgaben bis zur Höhe von 6.000 € das zu versteuernde Einkommen im Ausgabenjahr und verpuffen damit, wenn nichts hinzuverdient wird. Lediglich Aufwendungen für weitere Ausbildungen und für Erstausbildungen, die im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden, können als Werbungskosten abzugsfähig sein. Ob das zulässig ist, musste jetzt das Bundesverfassungsgericht klären. Und das tat es mit einer so nicht erwarteten Begründung.

Sachverhalt

Der Bundesfinanzhof hatte sechs Ausgangsverfahren ausgesetzt, in denen die Kläger jeweils die Anerkennung der Kosten für ihr Erststudium bzw. für ihre Ausbildung zum Flugzeugführer als Werbungskosten begehrten. Dem Bundesverfassungsgericht wurde die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob das Abzugsverbot verfassungswidrig ist und gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Grundgesetzes verstößt. Dieses bindet den Gesetzgeber an den Grundsatz der Steuergerechtigkeit und das Gebot, die Besteuerung an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auszurichten. Bei der Bewertung und Gewichtung von Lebenssachverhalten im Schnittbereich zwischen beruflicher und privater Sphäre verfügt er jedoch verfassungsrechtlich über erhebliche Gestaltungs- und Typisierungsspielräume.

Entscheidung

Der oberste Verfassungshüter hat die bestehende Regelung als mit dem Grundgesetz vereinbar angesehen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass es für die Regelung sachlich einleuchtende Gründe gibt. Der Gesetzgeber durfte solche Aufwendungen als privat (mit-)veranlasst qualifizieren und den Sonderausgaben zuordnen. Die Erstausbildung oder das Erststudium unmittelbar nach dem Schulabschluss vermittelt nicht nur Berufswissen, sondern prägt die Person in einem umfassenderen Sinne, indem sie die Möglichkeit bietet, sich den Begabungen und Fähigkeiten entsprechend zu entwickeln und allgemeine Kompetenzen zu erwerben, die nicht zwangsläufig für einen künftigen konkreten Beruf notwendig sind. Sie weist eine besondere Nähe zur Persönlichkeitsentwicklung auf. Auch die Begrenzung des Sonderausgabenabzugs für Erstausbildungskosten auf einen Höchstbetrag (zurzeit 6.000 €) ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Konsequenz

Es bleibt also dabei: Studenten im Erststudium und Erstauszubildende ohne Dienstverhältnis lernen zuallererst fürs Leben, egal ob es um eine so kostspielige Ausbildung wie die eines Piloten oder ein ebenso aufwendiges mehrjähriges Erststudium geht.

Dr. Lutz Engelsing

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