Entgeltliche Ablösung eines Nießbrauchs an GmbH-Anteilen

Sachverhalt und Entscheidung

Nachdem die Klägerin sämtliche Anteile an einer GmbH unter Vorbehalt eines Nießbrauchs – insbesondere am Gewinnbezugsrecht – im Wege der Schenkung auf ihren Sohn übertragen hatte, veräußerte dieser sie einige Jahre später an einen Dritten. Um die Anteile marktgängig zu machen, zahlte er seiner Mutter eine Entschädigung zur Ablösung des Nießbrauchs. Das Finanzamt unterwarf den Ablösebetrag bei der Klägerin den Einkünften aus Gewerbebetrieb im Sinne von § 17 in Verbindung mit § 24 Einkommensteuergesetz (EStG).

Die Klage war in erster Instanz erfolglos. Zwar verneinte das Finanzgericht das Vorliegen gewerblicher Einkünfte, ordnete die Ablöse bei der Klägerin jedoch den Einkünften aus Kapitalvermögen im Sinne von § 20 in Verbindung mit § 24 EStG zu. Dabei stellte es fest, dass das wirtschaftliche Eigentum an den GmbH-Anteilen bereits im Übertragungszeitpunkt, im Jahr 2012, auf den Sohn übergegangen war. Der Bundesfinanzhof gab der hiergegen gerichteten Revision statt und qualifizierte den Ablösebetrag als nicht steuerpflichtige Vermögensumschichtung.

Die Reichweite von § 24 EStG

In seiner Urteilsbegründung führt der Bundesfinanzhof zunächst aus, dass § 24 EStG keine die Reichweite der sieben Einkunftsarten des EStG erweiternde, sondern lediglich eine klarstellende Bedeutung hat: Eine Entschädigung kann nur insoweit zu steuerpflichtigen Einkünften führen, wie sie einer der Einkunftsarten im Sinne des § 2 EStG zuzuordnen ist. Mithin muss zwischen Entschädigung und entgangenen Einnahmen eine kausale Verknüpfung bestehen.

Wirtschaftliche Zurechnung entscheidend

Als Revisionsgericht ist der Bundesfinanzhof an die Feststellungen der Vorinstanz gebunden. Die Feststellung, dass das wirtschaftliche Eigentum an den GmbH-Anteilen bereits 2012 auf den Sohn übergegangen war, führt nach Ansicht des Gerichts dazu, dass die Zahlung des Ablösebetrags in keinem Zusammenhang mit der Aufgabe der GmbH-Anteile steht. Die Annahme von Einkünften aus Kapitalvermögen hätte vorausgesetzt, dass die Klägerin im Ablösezeitpunkt zumindest wirtschaftliche Eigentümerin der Anteile war. Gleiches gilt auch für die Annahme gewerblicher Einkünfte, wobei die Anwendung von § 17 EStG schon deshalb ausscheide, weil die Klägerin die Anteile unentgeltlich übertragen und einen Veräußerungstatbestand selbst gar nicht erfüllt hat.

Nießbräuche an GmbH-Anteilen – Praxishinweise

Nießbrauchbelastete GmbH-Anteile sind in der Praxis keine Seltenheit. Gleichzeitig sind solche Anteile weniger marktgängig, sodass ein Nießbrauch im Zuge einer Veräußerung abgelöst werden muss. Sofern der Nießbraucher unentgeltlich auf sein Recht verzichtet, stellt der Verzicht eine schenkungssteuerbare, freigebige Zuwendung des Nießbrauchers an den Verpflichteten dar. Wird hingegen eine Ablöse gezahlt, ist der Vorgang insoweit entgeltlich. 

Die Entscheidung ist zu begrüßen, sorgt sie doch ertragsteuerlich dahingehend für Rechtssicherheit, dass Ablösezahlungen einen nicht steuerbaren Vorgang darstellen, wenn und insoweit dem Nießbrauchsverpflichteten auch das wirtschaftliche Eigentum an den GmbH-Anteilen zuzurechnen ist. Verfügt der Nießbraucher hingegen über eine Rechtsposition, die ihm einen entscheidenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft verschafft, ist wirtschaftliches Eigentum dem Nießbraucher zuzurechnen. Dabei ist das bloße Recht auf Teilhabe an Gewinnausschüttungen nicht ausreichend. 

Da der immer noch angewandte Nießbrauchserlass vom 23.11.1983 nicht danach unterscheidet, wer wirtschaftlicher Eigentümer der GmbH-Anteile ist, wie der Nießbrauch ausgestaltet wurde und welche Rechte dem Nießbraucher zustehen, bleibt abzuwarten, wie sich die Finanzverwaltung zu der jüngsten Entscheidung des Bundesfinanzhofs positioniert.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 20.09.2024 – IX R 5/24

Stefan Hamacher, LL.M.

Steuerberater, Fachberater für Internationales Steuerrecht

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