Einbringung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten – Übertragung von Wirtschaftsgütern des Privatvermögens

Hintergrund

Die Annahme eines voll entgeltlichen Übertragungsvorgangs führt auf Ebene der erwerbenden Personengesellschaft zu einem Anschaffungsgeschäft, mit dem in der Folge auch neues Abschreibungsvolumen zur Minderung zukünftig anfallender Gewinne generiert wird. In korrespondierender Weise wird auf Ebene des Einbringenden ein Veräußerungsgeschäft verwirklicht.

Die Annahme eines voll unentgeltlichen oder teilweise unentgeltlichen Übertragungsvorgangs wird steuerrechtlich hingegen nicht als Anschaffungsgeschäft, sondern als Einlage behandelt. 

Die Abgrenzung wirkt sich u.a. auf die zukünftig in Anspruch zu nehmenden Abschreibungen aus. Während bei voll entgeltlichen Anschaffungsgeschäften neues Abschreibungsvolumen geschaffen wird, ist in Fällen der Einlage das Abschreibungsvolumen auf den Einlagewert nach Abzug der bereits im Privatvermögen in Anspruch genommenen Abschreibungen begrenzt. 

Urteilssachverhalt und Entscheidungsgründe

Im Urteilssachverhalt ist eine gewerbliche Personengesellschaft durch Einbringung eines Grundstücks mit aufstehender Windkraftanlage gegründet worden. Die Übertragung erfolgte aus dem Vermögen einer teilweisen personenidentischen, rein vermögensverwaltenden Personengesellschaft. In Höhe der gesellschafterbezogenen Einlageverpflichtung erfolgte die Verbuchung auf dem Kapitalkonto I (Festkapitalkonto). Im Übrigen wurde der Wert des eingebrachten Wirtschaftsguts auf einem gesamthänderisch gebundenen Rücklagenkonto erfasst. Der Bundesfinanzhof hatte nun darüber zu entscheiden, ob die Gutschrift und Mitberechtigung an einem gesamthänderisch gebundenen Rücklagenkonto – ebenso wie die Gutschrift auf dem Kapitalkonto I (Festkapital) – eine Übertragung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten darstellt und somit ein Anschaffungsgeschäft auf Ebene der erwerbenden Personengesellschaft begründet.

Dies hat der Bundesfinanzhof bejaht und entschieden, dass die Übertragung von Wirtschaftsgütern des Privatvermögens gegen Gutschrift auf dem Kapitalkonto I (Festkapital) sowie einer Gutschrift auf einem gesamthänderisch gebundenen Rücklagenkonto einen insgesamt voll entgeltlichen Vorgang darstellt. Die Einbringung erfolgt somit insgesamt gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten und begründet ein Anschaffungsgeschäft auf Ebene der erwerbenden Personengesellschaft. Hierbei ist nach Auffassung des Bundesfinanzhofs maßgebend, dass die Einräumung (oder Erweiterung) einer Gesellschafter- bzw. Mitunternehmerstellung zumindest teilweise durch eine Gutschrift auf einem Kapitalkonto erfolgt, das nach dem Gesellschaftsvertrag die Gesellschaftsrechte repräsentiert. Dies wird in der Praxis regelmäßig durch das Kapitalkonto I abgebildet. 

Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung, der Verwaltungsauffassung und der herrschenden Meinung im Fachschrifttum ist ein insgesamt voll entgeltliches Geschäft somit auch dann anzunehmen, wenn infolge der Einbringung nicht nur eine Gutschrift auf dem Kapitalkonto I, sondern auch auf einem gesamthänderisch gebundenen Rücklagenkonto erfolgt. An dieser Rechtsauffassung hält der Bundesfinanzhof auch aus Gründen der Rechtsprechungskontinuität weiterhin fest. Der auf dem gesamthänderisch gebundenen Rücklagenkonto verbuchte Wertanteil sei Bestandteil gegen die im Austausch zur Einräumung der Mitunternehmerstellung geschuldeten Leistungen der Einbringenden. Auch wenn das gesamthänderisch gebundene Rücklagenkonto den Einbringenden keine direkte Vermögensposition zuweist, gewährleiste dieses jedoch, dass die Einbringenden eine Mitunternehmerstellung in Höhe des Werts ihres eingebrachten Wirtschaftsguts erhalten. Die Einbringenden partizipieren demnach entsprechend ihrer Beteiligungsquote anteilig an dem gesamthänderisch gebundenen Rücklagenkonto, sodass auch eine solche Gutschrift Teil der gewährten Gegenleistung für die Einräumung von Gesellschaftsrechten darstellt. 

Fazit

Werden Einbringungssachverhalte von Wirtschaftsgütern des Privatvermögens sowohl auf dem Kapitalkonto I als auch auf einem gesamthänderisch gebundenen Rücklagenkonto erfasst, ist von einem voll entgeltlichen Übertragungsvorgang auszugehen. 

Mit der ergangenen Rechtsprechung hat der Bundesfinanzhof seine Rechtsauffassung im Hinblick auf die Annahme voll entgeltlicher Vorgänge bestätigt und für Fälle, in denen neben dem Kapitalkonto I auch eine Gutschrift auf einem gesamthänderisch gebundenen Rücklagenkonto erfolgt, eingehend konkretisiert. Die Rechtsprechung verschafft insbesondere im Bereich der Steuergestaltungsberatung und mit Blick auf geplante Umstrukturierungen die erforderliche Rechtssicherheit. 

Bundesfinanzhof, Urteil vom 23.3.2023 – IV R 2/20

Stefan Hamacher, LL.M.

Steuerberater, Fachberater für Internationales Steuerrecht

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Oliver Lohmar, LL.M.

Steuerberater

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