Brexit: Was sich im Gesellschaftsrecht ändert
Ab dem 1.1.2021 können sich im Vereinigten Königreich (UK) gegründete Gesellschaften nicht mehr auf die europäische Niederlassungsfreiheit berufen. Dies hat Auswirkungen für mehrere tausend Gesellschaften in der Rechtsform der Limited (Ltd.), die ihren Verwaltungssitz in Deutschland haben.
Haftungsbeschränkung entfällt
Während innerhalb der EU die Freizügigkeit für Gesellschaften von einem EU-Staat in den anderen durch Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs anerkannt ist (sogenannte Gründungstheorie), gilt für Gesellschaften aus Drittstaaten nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die sogenannte Sitztheorie. Diese besagt, dass eine in Deutschland ansässige Gesellschaft nach deutschem Gesellschaftsrecht zu beurteilen ist. Da das deutsche Gesellschaftsrecht eine Ltd. nicht als Kapitalgesellschaft qualifiziert, sondern als offene Handelsgesellschaft (oHG), Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) oder als Einzelunternehmen einstuft, führt der Brexit dazu, dass die mit der Verwendung einer Ltd. angestrebte Haftungsbeschränkung wegfällt. Ab dem 1.1.2021 gilt für eine Ltd. mit Verwaltungssitz in Deutschland keine Haftungsbeschränkung mehr. Vielmehr haften die Gesellschafter persönlich, auch für Altschulden. Hinzu kommt, dass das deutsche Personengesellschaftsrecht keine Fremdgeschäftsführung kennt, sodass die Ltd. ab dem 1.1.2021 nicht mehr durch ihren Director, sondern durch die Gesellschafter vertreten wird.
Grenzüberschreitende Verschmelzungen befristet möglich
Der deutsche Gesetzgeber hat keine umfassende gesellschaftsrechtliche Regelung zugunsten der in Deutschland ansässigen Limiteds getroffen, insbesondere wird diesen Gesellschaften kein Bestandsschutz gewährt. Als Brücke zu einer deutschen haftungsbeschränkten Rechtsform hat der deutsche Gesetzgeber jedoch das Umwandlungsrecht ergänzt und Regelungen geschaffen, nach denen ausländische Kapitalgesellschaften, also auch die britische Ltd., über die Grenze auf eine deutsche Kapital- oder Personengesellschaft verschmolzen werden können. Die Anmeldefrist für eine solche Verschmelzung wurde bis Ende 2022 verlängert. Voraussetzung ist allerdings, dass der Verschmelzungsbeschluss noch in diesem Jahr gefasst wird.
Alternative: das Anwachsungsmodell
Eine interessante, weil kostengünstige und weniger aufwendige Alternative zur Verschmelzung über die Grenze ist das sogenannte Anwachsungsmodell. Danach übertragen die Gesellschafter der in Deutschland ansässigen Ltd. sämtliche Shares auf eine deutsche Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) oder Unternehmergesellschaft (UG [haftungsbeschränkt]). Sobald mit dem Brexit die Anerkennung der Ltd. in Deutschland wegfällt, wächst das aktive und passive Vermögen dem neuen Gesellschafter, also der GmbH oder UG, als Alleingesellschafter an. Auch insofern ist darauf zu achten, dass die Anteilsübertragung noch vor dem 31.12.2020 erfolgt.