Bundesgerichtshof: Sind Online-Fortbildungen bald Geschichte?
Online-Fortbildung ohne behördliche Zulassung ist unzulässig
Nicht erst seit der Corona-Pandemie sind Online-Videofortbildungen in fast allen Berufssparten gang und gäbe. Diese Art der Weiterbildung hat der Bundesgerichtshof nun ins Wanken gebracht. Nach dem aktuellen Urteil vom 12. Juni 2025 muss der betreffende Anbieter für jede Fortbildung – egal ob lang oder kurz – eine Zulassung vorweisen, sonst ist der Vertrag mit dem Kunden nichtig und es kann richtig teuer werden.
Gekündigter Online-Fortbildungsvertrag – Geld zurück trotz erbrachter Leistung?
Ein Kunde buchte ein neunmonatiges „Business-Mentoring-Programm Finanzielle Fitness“ für 47.600,00 €, das hauptsächlich Online-Meetings sowie vereinzelte Präsenzveranstaltungen, Lehrvideos, Hausaufgaben und Workshops beinhaltete. Eine Zulassung nach dem seit 1976 geltenden Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) hatte der Anbieter für das Programm nicht. Einige Wochen später kündigte der Kunde den Vertrag und wollte sein Geld zurück. Der aufgebrachte Seminaranbieter nahm das nicht hin und verlangte die Zahlung des Restbetrags. Zu seiner Überraschung gab der Bundesgerichtshof jedoch dem Kunden recht.
Keine Zulassung als Seminaranbieter – kein rechtsgültiger Vertrag!
Die Richter:innen urteilten knapp, dass der Kunde sein Geld zurückbekommen müsse, weil der geschlossene Vertrag nichtig sei, denn der Seminaranbieter habe nicht über die erforderliche behördliche Zulassung nach de,mr FernUSG verfügt. Vom gesetzlichen Schutzzweck umfasst seien nämlich sowohl Verträge zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher als auch solche zwischen zwei Unternehmern (B2B-Verträge). Die vom Gesetz geforderte „entgeltliche Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten“ sei dabei weit auszulegen und erfordere keine inhaltliche Mindestqualität. Auch an das gesetzliche Erfordernis der „Überwachung des Lernerfolgs durch den Lehrenden“ seien keine überhöhten Anforderungen zu stellen, so die Richter:innen. Eine formale Überprüfung sei nicht notwendig; stattdessen sei eine Lernerfolgsüberwachung schon gegeben, wann immer der Lernende die Möglichkeit habe, Fragen zu stellen. Im entschiedenen Fall musste sich der Bundesgerichtshof allerdings nicht näher mit der vom Gesetz auch noch geforderten „ausschließlichen oder überwiegenden räumlichen Trennung von Lehrendem und Lernendem“ auseinandersetzen, weil er das Angebot des Anbieters aufgrund der Programmbeschreibung als überwiegend zeitversetzt (asynchron) einordnete.
Was gilt jetzt?
Das Urteil hat für Aufsehen gesorgt – es betrifft die gesamte Fortbildungsbranche. Die vom Gesetz vorgeschriebenen behördlichen Zulassungen beziehen sich auf jeden einzelnen angebotenen Lehrgang: Wer unterschiedliche Fortbildungen anbietet, muss also für jede eine Zulassung beantragen – das ist teuer und zeitaufwendig. Ohne eine solche ist der Vertrag nichtig und neben der Tatsache, dass der Kunde das Entgelt zurückverlangen kann, begeht der Anbieter auch noch eine Ordnungswidrigkeit (hier gibt es keine Untergrenze!). Ferner gilt das Urteil auch für B2B-Verträge und zeitversetzt konsumierbaren (asynchronenn) Live-Online-Unterricht. Wer Lerninhalte zeitgleich (synchron) an Lernende vermittelt, ist zukünftig ebenfalls gut beraten, über eine Zulassung zu verfügen, denn auch diese Formate gelten schon als Fernunterricht, wenn die Unterrichtseinheit aufgezeichnet und die Aufzeichnung den Lernenden anschließend zur Verfügung gestellt wird.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.6.2025 – III ZR 109/24