Zweifelsfragen im Zusammenhang mit § 6b Abs. 2a EStG
Kernaussage
Das BMF hat mit Schreiben vom 7.3.2018 Stellung zu verschiedenen Zweifelsfragen hinsichtlich der Behandlung von Veräußerungsgewinnen i.S.d. § 6b Abs. 2a EStG genommen.
Hintergrund
Gemäß § 6b Abs. 2a EStG i.d.F. des Steueränderungsgesetzes 2015 (StÄndG 2015) kann die festgesetzte Steuer, die aufgrund eines Gewinns i.S.d. § 6b Abs. 2 EStG entsteht, in fünf gleichen Jahresraten beglichen werden, wenn der Steuerpflichtige hierfür einen Antrag stellt. Um den Antrag stellen zu können, muss im Jahr der Veräußerung eines begünstigten Wirtschaftsguts i.S.d. § 6b Abs. 1 Satz 1 EStG oder in den vier darauf folgenden Jahren ein Wirtschaftsgut i.S.d. § 6b Abs. 1 Satz 2 EStG angeschafft bzw. hergestellt werden. Darüber hinaus muss das Wirtschaftsgut dem Betriebsvermögen eines anderen Mitgliedstaats der EU oder des EWR zugeordnet werden.
Der BFH hat mit Urteil vom 22.6.2017 (VI R 84/14) entschieden, dass keine unionsrechtlichen Bedenken gegen die Regelung des § 6b Abs. 2a EStG bestehen. Das BMF befasst sich, bezugnehmend auf das zuvor genannte Urteil, mit verschiedenen Zweifelsfragen der Regelung des § 6b Abs. 2a EStG.
Antragstellung nach § 6b Abs. 2a Satz 2 EStG und Nichtanwendung von § 6b Abs. 2 EStG
Der Antrag nach § 6b Abs. 2a EStG bedarf keiner speziellen Form. Gemäß § 52 Abs. 14 EStG können neben Anträgen, die im Wirtschaftsjahr der Veräußerung gestellt werden, ebenfalls Anträge für Gewinne gestellt werden, die vor der Verkündung des StÄndG 2015 am 6.11.2015 entstanden sind. Der Antrag kann in diesen Fällen berücksichtig werden, sofern die materielle Bestandskraft des Bescheides noch nicht eingetreten ist. Bei einem abweichenden Wirtschaftsjahr ist der noch nicht bestandskräftige Steuerbescheid maßgeblich, in dem der anteilige Gewinn i.S.d. § 6b Abs. 2 EStG erfasst ist. Sofern der Gewinn i.S.d. § 6b Abs. 2 EStG gesondert oder gesondert und einheitlich festgestellt wird, ist der Antrag des Steuerpflichtigen beim Wohnsitz-Finanzamt des Antragstellers zu stellen.
Ein Antrag gemäß § 6b Abs. 2a EStG kann auch im Rahmen einer Betriebsveräußerung gestellt werden, sodass eine bereits gewährte Ratenzahlung auch für die Zeit, für die die Ratenzahlung ohne Betriebsveräußerung zulässig gewesen wäre, weitergeführt werden kann. Eine ermäßigte Besteuerung für außerordentliche Einkünfte nach § 34 Abs. 1 Satz 4 und Abs. 3 Satz 6 EStG kann in diesen Fällen nicht in Anspruch genommen werden.
Wird ein Gewinn nach § 6b Abs. 2 EStG gemäß § 6b Abs. 1 EStG auf ein anderes begünstigtes Wirtschaftsgut übertragen oder gemäß § 6b Abs. 3 EStG in eine Rücklage eingestellt und kann eine Bilanzänderung nach § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG nicht mehr vorgenommen werden, findet § 6b Abs. 2a EStG keine Anwendung. Dies gilt nicht für sog. „ Altfälle“. Für diese Fälle ist das BFH Urteil vom 22.06.2017 zu beachten.
Altfälle, Reinvestitionsabsicht (§ 6b Abs. 2a Satz 2 EStG) und Ausbleiben der Reinvestition
Ein Altfall liegt vor, wenn ein nach § 6b EStG begünstigter Veräußerungsgewinn vor der Verkündung des StÄndG am 6.11.2015 entstanden ist und in eine Rücklage eingestellt wurde, die Steuererklärung vor dem 6.11.2015 abgegeben worden ist und die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für begünstige Wirtschaftsgüter angefallen sind, die vor Auflösung der Rücklage angeschafft oder hergestellt worden sind und einem Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder des EWR zugeordnet werden.
Damit eine unionsrechtskonforme Rückwirkung des § 6b Abs. 2a EStG sichergestellt wird, ist das Jahr, indem die Auflösung der Rücklage zu versteuern ist, als Veräußerungsjahr zu werten, sodass die auf den Auflösungsbetrag entfallende Steuer auf Antrag in fünf gleichen Jahresraten zu entrichten ist. Hierbei ist unerheblich, ob die Möglichkeit einer Bilanzänderung besteht.
In § 6b Abs. 2a EStG wird keine Reinvestitionsabsicht gefordert, sodass die Möglichkeit künftiger grenzüberschreitender Aktivitäten ausreicht. Daher muss nicht bereits vor Antragstellung eine Betriebsstätte im begünstigten Ausland unterhalten werden, sondern es muss für die Antragstellung eine spätere Reinvestition in eine Betriebsstätte der EU/EWR denkbar sein.
Nimmt der Steuerpflichtige keine Reinvestition in eine EU/EWR Betriebsstätte vor, führt dies nicht zu einer Aufhebung der gewährten Ratenzahlung.