Wenn die Lohnabrechnung für Verwirrung sorgt
Hintergrund des Urteils
Die monatliche Lohnabrechnung informiert Arbeitnehmer:innen über ihren Verdienst, Abzüge und Sozialleistungen. Doch was passiert, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass eine Lohnabrechnung fehlerhaft war? Sind die in der Lohnabrechnung ausgewiesenen Beträge bindend?
In dem zugrunde liegenden Fall stritten die Parteien über eben diese Frage. Die Lohnabrechnung wies zunächst zugunsten des Arbeitnehmers eine Gutschrift aus. Später folgte jedoch eine korrigierte Abrechnung, die eine erhebliche Nachforderung zu seinen Lasten auswies. Der Arbeitnehmer machte geltend, dass er Anspruch auf die Gutschrift aus der ersten Abrechnung habe, und klagte auf Zahlung der ursprünglich ausgewiesenen Beträge.
Das LAG Köln wies die Klage jedoch ab und bestätigte damit die Entscheidung der Vorinstanz.
Begründung des Gerichts
Laut LAG stellt eine Lohnabrechnung kein Schuldanerkenntnis dar und begründet somit auch keine eigenständigen Ansprüche. Grundsätzlich ist sie lediglich eine Wissenserklärung des Arbeitgebers, also die reine Mitteilung von Informationen. Das Gericht stellte klar, dass Lohnabrechnungen nicht dazu dienen, streitig gewordene Zahlungsansprüche endgültig anzuerkennen. Eine bereits erteilte Abrechnung hindert den Arbeitgeber demnach nicht daran, eine fehlerhafte Abrechnung zu berichtigen.
Die Klage des Arbeitnehmers wurde abgewiesen.
Ausblick für die Praxis
Die wenig überraschende Entscheidung stärkt Arbeitgebern weiterhin den Rücken. Mit der Erteilung der Abrechnung kommen Arbeitgeber nämlich regelmäßig ihren Mitteilungspflichten gemäß § 108 GewO nach und informieren ihre Beschäftigten über die Einzelheiten der Gehaltszahlung. Dadurch wird Transparenz geschaffen. Durch die Abrechnung sollen keine bindenden arbeitsvertraglichen Regelungen getroffen werden.
Arbeitgeber müssen daher nicht befürchten, dass eine fehlerhafte Lohnabrechnung sofort bindend wirkt, sofern keine besonderen Zusicherungen gemacht wurden, die als Schuldanerkenntnis gewertet werden könnten.
Auch wenn die Lohnabrechnung selbst keine Ansprüche begründet, ist bei der Erstellung dennoch besondere Vorsicht geboten. Enthält die Lohnabrechnung beispielsweise Angaben zu Überstunden oder Urlaubsansprüchen, entfalten diese Angaben zwar grundsätzlich keine eigenständige Bindungswirkung. Wenn die Abrechnung aber wiederholt falsche Angaben, etwa zu Überstunden, ausweist, kann dies im Streitfall eine Indizwirkung entfalten.
Zwar gibt es für Arbeitnehmer keine gesetzlichen Fristen für die Rüge fehlerhafter Lohnabrechnungen, jedoch sehen viele Arbeits- und Tarifverträge Ausschlussfristen für Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis vor. Möchte der Arbeitnehmer Zahlungsansprüche aus einer Abrechnung zu seinen Lasten geltend machen, muss er dies rechtzeitig innerhalb der Ausschlussfristen tun. Unterbleibt dies, können die Ansprüche des Arbeitnehmers verfallen bzw. verjähren. Diese Ausschlussfristen gelten in der Regel jedoch für beide Parteien, sodass auch der Arbeitgeber Ansprüche, beispielsweise aus einer Überzahlung, innerhalb der Ausschlussfristen geltend machen muss.
Eine Verpflichtung des Arbeitnehmers, den Arbeitgeber auf Abrechnungsfehler zu dessen Lasten hinzuweisen, kann sich lediglich im Einzelfall aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ergeben, insbesondere wenn es sich um offensichtliche Fehler handelt, die zu einer Überzahlung führen. In diesem Fall kann der Arbeitgeber unter Umständen dann auch über die arbeitsvertraglichen Ausschlussfristen hinaus Ansprüche aus einer Überzahlung geltend machen.
Arbeitgeber sollten Abrechnungen daher sorgfältig prüfen und Unstimmigkeiten umgehend aufklären, auch um mögliche Ansprüche zu sichern.
Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 28. Januar 2025 - 7 SLa 378/24
Das Urteil des LAG ist noch nicht rechtskräftig