Unterliegen Strafen bzw. Geldbußen der Umsatzsteuer?
Hintergrund
Nicht steuerbare Vertragsstrafe oder steuerpflichtiges Entgelt? Diese Frage stellt sich häufig in der Praxis. Fehlbeurteilungen können hier teuer werden. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat sich aktuell mit dieser Thematik befasst. Der Fall eines dänischen Parkhausbetreibers dürfte auch für hiesige Fälle von Bedeutung sein.
Fall
Die Klägerin betrieb Parkhäuser. Im Rahmen der allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) legte sie die Nutzungsbedingungen für das Parken (Höchstdauer, Entgelt) fest. Bei Verstößen gegen diese Vorschriften wurden Kontrollgebühren erhoben. Im Jahr 2011 beantragte die Klägerin die Erstattung der für diese Kontrollgebühren entrichteten Umsatzsteuer für den Zeitraum von September 2008 bis Dezember 2009 (ca. 3,4 Mio. €). Strittig war nun, ob die Gebühren eine Gegenleistung für das Parken darstellen. Die Finanzverwaltung vertrat im Gegensatz zur Klägerin die Ansicht, dass die Kraftfahrer:innen als Gegenleistung für die Kontrollgebühr einen tatsächlichen Zugang zum Parkhaus erhielten. Zudem verwies sie darauf, dass die Kontrollgebühren ca. 34 % des Gesamtumsatzes ausmachten und traditionell in Dänemark als „erhöhte Parkgebühr“ der Umsatzsteuer unterlägen.
Entscheidung des EuGH
Laut EuGH regeln die AGB das entstehende Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin und den Parkenden: die Bereitstellung eines Parkplatzes durch die Klägerin sowie die Zahlung der Park- und gegebenenfalls der Kontrollgebühren bei Nichteinhaltung der AGB durch die Nutzer:innen. Demnach sind die Kontrollgebühren als Gegenleistung für die Bereitstellung der Parkplätze zu qualifizieren. Wichtig für diese Bewertung war, dass die Kraftfahrer:innen auch bei Verstoß gegen die Nutzungsbedingungen weiterhin im Parkhaus parken konnten. Sie zahlten die Kontrollgebühr quasi fürs „falsche Parken“. Zudem deckte die Höhe der Kontrollgebühren die Kosten, die durch das falsche Parken entstanden.
Den Einwand des Klägers, dass die Kontrollgebühren in Dänemark als Bußgeld qualifiziert werden, weist der EuGH zurück, da nationale Bestimmungen für die Auslegung der Mehrwertsteuer-Systemrichtline (MwStSystRL) irrelevant sind.
Konsequenzen
Das Urteil dürfte dazu beitragen, dass es zukünftig noch schwieriger wird, nicht steuerbare Vertragsstrafen von steuerpflichtigem Entgelt zu unterscheiden. Denn die Argumentation des EuGH, dass die Parkhausnutzer:innen in die Sanktionen einwilligen, um das Parkhaus zu nutzen, dürfte auf jede vertraglich vereinbarte Sanktion zu übertragen sein, sofern die eigentliche Leistung in Anspruch genommen wird. Für Sie bedeutet das: Prüfen Sie bei Vertragsstrafen immer, ob diese der Umsatzsteuer unterliegen, unabhängig davon, ob Sie diese einfordern oder zahlen. Entsprechende Vereinbarungen sollten möglichst eindeutig verfasst werden. Ferner sollten diese geeignete Umsatzsteuerklauseln beinhalten, um Risiken durch eine abweichende Beurteilung seitens der Finanzverwaltung entgegenzuwirken. Unsere Expert:innen helfen Ihnen gerne weiter.