Sperrfristverstoß durch Formwechsel der übernehmenden Gesellschaft nach Anteilstausch
Anteilstausch zieht Sperrfrist nach sich
Werden Anteile an einer Kapitalgesellschaft in eine andere Kapitalgesellschaft eingebracht und erhält der Einbringende hierfür neue Anteile an der übernehmenden Gesellschaft (Anteilstausch), kann dies auf Antrag und unter weiteren Voraussetzungen nach dem Umwandlungssteuergesetz steuerneutral zum Buchwert erfolgen. In der Folge sind jedoch die eingebrachten Anteile für die Dauer von sieben Jahren sperrfristbehaftet. Werden diese innerhalb dieser Sperrfrist veräußert und hat der Einbringende durch die Einbringung eine steuerliche Statusverbesserung erzielt, ist rückwirkend der sogenannte Einbringungsgewinn II zu versteuern.
Auch Folgeumwandlung stellt Sperrfristverstoß dar
Das Finanzgericht Hessen hat nun entschieden, dass auch der Formwechsel der übernehmenden Gesellschaft nach einem Anteilstausch eine Veräußerung und damit einen Sperrfristverstoß darstellt.
In dem entschiedenen Fall hatten zwei natürliche Personen jeweils sämtliche Anteile an einer von ihnen gehaltenen Kapitalgesellschaft in eine gemeinsame Holdinggesellschaft (GmbH) eingebracht und hierfür Anteile an dieser übernehmenden Gesellschaft erhalten. Der (qualifizierte) Anteilstausch wurde auf Antrag zum Buchwert durchgeführt. Kurze Zeit später wurde die Holdinggesellschaft in eine Personengesellschaft (OHG) formgewechselt.
Die Betriebsprüfung und letztendlich auch das Finanzgericht Hessen sahen in diesem Formwechsel eine Veräußerung der erhaltenen Anteile. Das Finanzgericht fasst unter den Veräußerungsbegriff jede Übertragung gegen Entgelt. Auch Umwandlungen wie z.B. Verschmelzungen, Auf- oder Abspaltungen, Formwechsel und Einbringungen seien als tauschähnliche Vorgänge erfasst. Denn beim Formwechsel habe der übertragende Rechtsträger (die Holdinggesellschaft) die sperrfristbehafteten Anteile auf die offene Handelsgesellschaft (OHG) „übertragen“ und die Einbringenden hätten hierfür Gesellschaftsrecht am aufnehmenden Rechtsträger, der OHG, erhalten. Infolge des Sperrfristverstoßes haben die Einbringenden rückwirkend einen Einbringungsgewinn II zu versteuern. Auf eine Billigkeitsmaßnahme seitens der Finanzverwaltung bestünde kein Anspruch.
Sperrfristverstoß ohne Statusverbesserung
Gegen das Urteil des Finanzgerichts wurde Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt (Az. I R 25/18). Vermutlich wird der Bundesfinanzhof die Auffassung des Finanzgerichts bestätigen. Denn auch er hat in der Vergangenheit bereits die Auffassung vertreten, dass eine Aufwärtsverschmelzung im Anschluss an einen qualifizierten Anteilstausch einen schädlichen Sperrfristverstoß darstellt (I R 48/15). Die Urteilsbegründung lässt indes den Sinn und Zweck der Sperrfristregelung, nämlich die Vermeidung einer missbräuchlichen Statusverbesserung, völlig außer Acht. Sowohl im Falle der Aufwärtsverschmelzung als auch beim Formwechsel in eine Personengesellschaft kommt es zu einer steuerlichen Statusverschlechterung bzw. wird lediglich der steuerliche Status quo vor der Einbringung wiederhergestellt. Ein zu verhindernder Missbrauch liegt fern. Die Urteile verdeutlichen die Problematik einer zu weiten Auslegung des Veräußerungsbegriffs. In der Praxis sind Folgeumwandlungen genauestens auf etwaige Sperrfristverstöße hin zu untersuchen.