Neues zum Tatbestandsmerkmal der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken
Bundesfinanzhof: Neue Urteile
Immobilien, die im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden, sind von der Besteuerung als private Veräußerungsgeschäfte ausgenommen. Mit gleich einer Serie von Urteilen hat der Bundesfinanzhof das Tatbestandsmerkmal der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken nun fortentwickelt.
Überlassung an Schwiegermutter
Mit Urteil vom 14.11.2023 entschied der Bundesfinanzhof, dass sich die Wertung des Eigenheimzulagengesetzes, wonach eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken auch dann vorliegt, soweit eine Wohnung unentgeltlich an einen Angehörigen überlassen wird, nicht auf private Veräußerungsgeschäfte übertragen lässt. Als steuerliche Begünstigung ist das Tatbestandsmerkmal der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken eng auszulegen und setzt voraus, dass die Immobilie dauerhaft zum Bewohnen geeignet ist und auch vom Steuerpflichtigen selbst bewohnt wird. Im Streitfall hatte der Kläger die Immobilie zwischen Anschaffung und Veräußerung innerhalb von zehn Jahren unentgeltlich an seine Schwiegermutter zu Wohnzwecken überlassen. Diese Nutzungsüberlassung konnte nicht dem Kläger zugerechnet werden. Auch bestand gegenüber der Schwiegermutter keine Unterhaltspflicht nach § 1601 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Das private Veräußerungsgeschäft und die Steuerpflicht des Veräußerungsgewinns waren daher zu bejahen.
Mitbenutzung durch geschiedenen Ehepartner
Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken liegt auch dann nicht vor, wenn die Immobilie nach Auszug eines Ehegatten als Folge der Ehescheidung nicht ausschließlich von den gemeinsamen, unterhaltspflichtigen Kindern bewohnt wird. Im Streitfall waren die Ehegatten je zur Hälfte Miteigentümer des gemeinsam bewohnten Familienheims. Aufgrund einer Scheidungsfolgenvereinbarung übertrug die Ehefrau ihren hälftigen Miteigentumsanteil an der Immobilie auf ihren geschiedenen Ehegatten, was bei diesem insoweit zu einem ertragsteuerlichen Anschaffungsvorgang führte. Die geschiedene Ehefrau blieb mit den gemeinsamen Kindern in der Immobilie bis zur Veräußerung durch den Ehegatten wohnen. Wenngleich das Bewohnen der Immobilie durch die Kinder dem veräußernden Ehegatten aufgrund einer Unterhaltsverpflichtung als eigene Wohnzwecke zuzurechnen sei, stellt der Bundesfinanzhof klar, dass dies nicht gelte, wenn die Immobilie zugleich von einer dritten Person, wie beispielsweise dem geschiedenen Ehegatten, mitbewohnt wird. Das Tatbestandsmerkmal der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken war somit insgesamt nicht erfüllt. Der Fall zeigt einmal mehr die Bedeutung, steuerliche Folgen bei der Auflösung einer Ehe vorab zu analysieren.
Abtrennung und Veräußerung eines unbebauten Teils des Wohngrundstücks
Mit weiterem Urteil hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken ebenfalls nicht gegeben ist, wenn ein einheitlicher Nutzungs- und Funktionszusammenhang zwischen dem zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäude und dem dazugehörigen Grund und Boden innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist entfallen ist.
Im Urteilsfall wurde ein bislang ungeteiltes Wohngrundstück in zwei Teilgrundstücke geteilt. Das neu entstandene Teilgrundstück war unbebaut und wurde innerhalb von zehn Jahren nach Anschaffung des Grundstücks veräußert. Die Teilung erfolgte zwecks Veräußerung und Bebauung des neu entstandenen Grundstücksteils. Der Bundesfinanzhof stellt klar, dass sich das Tatbestandsmerkmal der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken lediglich auf das Gebäude und den dazugehörigen Grund und Boden erstreckt. Wird von dem bisherigen Wohngrundstück eine unbebaute Fläche abgetrennt, kommt hinsichtlich des abgetrennten, unbebauten Teils eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken nur dann in Betracht, wenn ein einheitlicher Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit dem weiterhin zu eigenen Wohnzwecken genutzten, bebauten, anderen Grundstücksteil besteht. Wenngleich der Bundesfinanzhof zu den Voraussetzungen, wann ein solcher einheitlicher Nutzungs- und Funktionszusammenhang anzunehmen ist, nicht weiter Stellung bezieht, verdeutlicht er, dass er jedenfalls dann nicht gegeben ist, wenn eine Teilfläche zielgerichtet zum Zwecke der Veräußerung und Bebauung abgetrennt und veräußert wird.
Bundesfinanzhof, Urteile vom 14.11.2023 – IX R 13/23 und IX R 10/22 sowie vom 26.9.2023 – IX R 14/22